Wenn einem etwas an die Nieren geht – von Olaf Rippe

“Was unter Venus ist, heilt die Nieren” (Paracelsus)

In der modernen Heilkunde besteht die Nierenfunktion zur Hauptsache in der Harnbildung, der Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen, in der Regulierung von Wasser- und Elektrolythaushalt sowie der Steuerung des Säure-Basegleichgewichts und in der Produktion renaler Hormone. Diese lebenswichtigen Funktionen sind aber nur die nach außen gerichtete Nierenfunktion. Die zweite, nach innen gerichtete Wirkung, ist eine seelischgeistige, denn woher kommt sonst die Volksweisheit, dass einem etwas an die Nieren gehen kann.

Astralkörper und Nierenfunktion

Nach den Vorstellungen der traditionellen abendländischen Medizin ordnet man die Niere dem Element Luft zu. Dies mag etwas verwundern, denkt man doch zunächst an die Bildung und Ausscheidung von Flüssigkeit, also an das Element Wasser. Die Sichtweise wird aber verständlich, wenn man die Beziehung zwischen Niere und Stickstoff betrachtet, der nicht nur in der Atemluft dominiert, sondern gebunden, auch in Körpereiweißen vorkommt.
Die Ausscheidung der Endprodukte des Eiweißstoffwechsels ist eine der wesentlichen Aufgaben der Niere. Stickstoff kann man als Träger animalischer Geistkräfte betrachten. Deutlich wird dies, wenn man die Wirkung von Alkaloiden betrachtet. Zahlreiche Alkaloidpflanzen wie Tollkirsche oder Ephedra, haben eine Geist bewegende Wirkung. Husemann weist darauf hin, dass beispielsweise die diuretische Wirkung von Kaffee unmittelbar an eine Anregung des Bewusstseins gekoppelt ist.
Das Element Luft, das unter den vier Elementen besonders geistartig ist, steht am intensivsten mit kosmischen Kräften in Verbindung. Die Luft ist das geistartige Fluidum, das alles umgibt und in allem enthalten ist. “Es kann niemand leugnen, dass die Luft allen körperlichen und wesentlichen Dingen, die auf der Erde wachsen und geboren werden, das Leben gibt. Es (die Luft) ist nichts anderes als ein geistiges Wesen, ein unsichtbares und ungreifbares Ding, ein Geist und ein geistiges Ding. Wie es nichts Körperliches gibt, das nicht einen Geist in sich verborgen führt, so gibt es auch nichts, was nicht verborgen ein Leben in sich hat und lebt. Denn was ist auch das Leben anderes als ein geistiges Ding” (Paracelsus).

Das Element Luft herrscht über unseren unsichtbaren Sternenleib, den man auch Astralleib nennt (astrum = Stern). “In diesem Lichte erkennen wir, dass es noch eine andere Hälfte des Menschen gibt, und dass der Mensch nicht Blute und Fleisch allein ist, sondern noch einen zweiten Körper hat, der für die leiblichen Augen zu fein ist” (Paracelsus). Der Astralleib, den Paracelsus “viehischen Leib” nannte, ist unser Gefühlskörper, er hat sein energetisches Zentrum in der Niere.
Die Elemente Wasser und Erde, mit ihren Hauptorganen Leber und Lunge, vollziehen ihre vegetativen Funktionen eher unbemerkt. Das Element Luft, als Regent über die Gefühlswelt, empfinden wir dagegen sehr intensiv. Unsere Leidenschaftlichkeit steht zudem in direkter Beziehung zu unserer kosmischen Natur. So verursacht der Mars im Menschen Willenskraft, aber auch Zorn, die Venus Zärtlichkeit, aber auch Eitelkeit, der Saturn Geduld, aber auch Melancholie. Grundsätzlich ist die Welt der Gefühle eine polare Welt. Sie ist wie eine Waage, die zwischen zwei Extremen hin und her schwingt. Stets pendeln die Gefühle zwischen Liebe und Hass, Selbstüberschätzung und Verzagtheit, mal ist man Himmel hoch jauchzend und dann wieder zu Tode betrübt.
Die Emotionalität hat ihren Spiegel in der Harnbildung, in der Polarität von Verdünnung und Konzentration. “Auf physischer Ebene spielt sich hier ab, was im seelischen Gebiet sein Korrelat hat in der Polarität von Geiz und Verschwendung, Freude und Trauer, Erregung und Stumpfheit. Das ganze Seelenleben ist eben polar veranlagt. Dies sind Abwandlungen der Urpolarität von ympathie und Antipathie” (Husemann).
Die eigentliche seelische Stoffwechselarbeit entsteht aber erst durch die Zusammenarbeit der Elemente Feuer und Luft. Das Element Feuer ist mit Selbstwahrnehmung und Reflexion verbunden, das Hauptorgan ist das Herz. Für die Verflechtung von Ich-Bewusstheit und Gefühlswelt hat der Volksmund ebenfalls eine Weisheit parat – die Prüfung auf Herz und Nieren. Dies sind schicksalhafte Erfahrungen, die man immer als bedrohlich empfindet. Was das Herz “wahrnimmt”, muss die Niere verarbeiten. Gelingt dies nicht, wird man vom Fremden überwältigt. Die Seele entzündet sich regelrecht am Feuer des Fremden. Dabei kann es sich um eine kleine Flamme handeln, die nur eine vorübergehende Launenhaftigkeit bedeutet. Es kann sich aber auch ein unbeherrschbarer Flächenbrand entwickeln – früher nannte man diesen Zustand Besessenheit. Somit wird verständlich, warum unterdrückte Gefühle, vor allem Angstzustände, irgendwann zu Nierenleiden führen und man umgekehrt, emotionale Störungen auch mit Nierenmitteln behandeln sollte.

Cantharis, die spanische Fliege, hilft bei Entzündungen der Harnorgane, aber auch bei erotischer Manie.
Foto Olaf Rippe

Einige “Psychomittel” für die Niere

  • Ambra D6 bis D30 Brennende und juckende Beschwerden der Harnorgane, trüber Urin. Enuresis. Ängstlichkeit, Schüchternheit und Menschenscheu mit leichtem Erröten. Haftet an Unangenehmes an mit mangelndem Lebensmut und Weinerlichkeit. Böse Folgen unglücklicher Liebe. Nervosität.
  • Apis D12 bis D30 Blasenschwäche; Entzündungen der Harnorgane mit brennenden und stechenden Schmerzen. Extreme Gefühlsverwirrung mit Denkblockade. Erotische Manie wechselt mit totaler Gleichgültigkeit. Weinerlichkeit und Selbstmitleid. Böse Folgen unglücklicher Liebe. Eifersucht. Furcht, Wut, Kummer und Sorgen plagen die Seele.
  • Argentum nitricum D12 bis D30 Splitterartige, schrecklich schneidende Schmerzen in den entzündeten Harnwegen; Inkontinenz; Prostataadenom. Sexuelle Schwäche bei furchtsamen und nervösen Menschen. Macht alles in Hektik. Phobien mit irrationalen Handlungsmustern. Lampenfieber.
  • Cantharis D6 bis D30 Unerträglicher Harndrang und extremer Schmerz. Heftige Entzündungen der Harnorgane. Ängstliche Ruhelosigkeit, oft mit extremer Wut. Akuter manischer Anfall; wildes sexuelles Verlangen. “Ruft eine heftige Störung im Animalbereich hervor, indem es die Harn- und Sexualorgane bes. angreift, ihre Funktion pervertiert, heftige Entzündungen u. wildes Delirium verursacht, welches Tollwutsymptome vortäuscht” (Boericke).
  • Conium D6 bis D30 Inkontinenz, Blasenlähmung; Kanzerose. Altersmittel. Böse Folgen sexueller Enthaltsamkeit und eines moralischen Lebenswandels. Endogene und reaktive Depression, z.B. nach Tod des Lebenspartners. Einsamkeit und Fatalismus.
  • Digitalis D6 bis D30 Entzündungen der Harnorgane. Harndrang mit scharfe, schneidenden, brennenden oder pulsierenden Schmerzen; “als ob ein Strohhalm hin- und hergezogen würde” (Boericke). Angstvolle Niedergeschlagenheit wegen der Zukunft. Nervöse Gefühle im Solarplexus.
  • Gelsemium D6 bis D12 Blasenschwäche mit reichlich klarem Urin; Frösteln und Zittern beim Harnlassen. Verhaltung. Böse Folgen von Schreck, Furcht, aufregenden Neuigkeiten. Lampenfieber. Mattigkeit und Apathie.
  • Lycopodium D12 bis D30 Harnverhaltung; Polyurie nachts: Rückenschmerzen beim Wasserlassen; Weinen beim Harnlassen; sexuelle Schwäche. Melancholischer, ärgerlicher Typ, mit Angst vor Einsamkeit. Mal eigenwillig und hochmütig, dann wieder verzagt und ohne Selbstvertrauen. Fürchtet Zusammenbruch; Sorgenvoll.
  • Natrium muriaticum D12 bis D30 “Psychoblase”; mal kann man Urin nicht halten, dann muss man wieder ewig warten, besonders in Gegenwart anderer. Böse Folgen von Kummer, Furcht, Ärger. Depression; will nicht getröstet werden; reizbar, will allein sein. Enuresis, z.B. nach Scheidung der Eltern.
  • Pulsatilla D6 bis D30 Harndrang, vor allem im Liegen; Entzündung mit Brennen; Enuresis; Blasenschwäche bei Bauchpresse. Spastik nach Harnlassen. Weinerlicher, furchtsamer, unentschlossener Typ. Angstkomplex. Will viel Sympathie und Zuwendung. Fürchtet anderes Geschlecht. Extreme Stimmungsschwankungen. Libido-Störungen, spez. in der Pubertät.
  • Staphisagria D12 bis D30 Entzündungen der Harnorgane mit Brennen. Drang und Schmerz nach Wasserlassen. Steinleiden. Erfolgloser Drang. Nervöse Blase bei Frischvermählten. “Gefühl, als ob ein Urintropfen ständig die Harnröhre herunterliefe” (Boericke). Prostataadenom. Entzündung nach Koitus. Böse Folgen von Ärger und Beleidigungen, besonders in Partnerschaften. Heftige Wutausbrüche. Empfindlichkeit gegenüber der Meinung anderer. Gedanken drehen sich um Sexualitätät.

Die Liebesgöttin Venus regiert über die Niere; Antikensammlung München; Foto Olaf Rippe

Die kosmische Natur der Niere und die Angst

Gefühle bilden die seelische Brücke zwischen ICH und DU. Die spirituelle Nierenfunktion besteht in der Verarbeitung der sinnlichen Eindrücke, die das Du in uns hinterlässt. Je nach dem, wie gut dies funktioniert, empfinden wir unser Seelenleben als harmonisch oder disharmonisch. Die Nieren sind unser “Gefühlsorgan” und als solches sind sie ein Spiegel unserer Beziehungs- und Liebesfähigkeit.
Aus astrologischer Sicht zeigen sich hierbei Gemeinsamkeiten mit den Qualitäten des Sternzeichens Waage und der Planetenkraft Venus. Die Waage steht für das Streben nach Harmonie und Ausgleich. Es ist das Zeichen von Diplomatie, Kompromissfähigkeit, und Kooperationsbereitschaft. Die Ziele sind innere Ruhe, Ausgeglichenheit, Friedfertigkeit und Mitmenschlichkeit. Es ist das Zeichen der Ehe und Partnerschaft (siebtes Haus). Die Waage steht für Ästhetik und “die Kunst zu leben”.
Die Liebesgöttin Aphrodite / Venus herrscht über das Zeichen Waage und damit auch über die Nierenfunktion. Paracelsus schriebt hierzu: “Die Nieren haben die Art der Venus (..) und die Wirkung der Venus erstreckt sich darauf, die Früchte der Erde hervorzubringen. Ebenso dient die Kraft der Nieren den Früchten im Menschen (…). Und wie die Venus entzündet wird durch Empfang der Kraft vom Ens Magnum, so empfangen die Nieren vom Sinne des Menschen.”
Paracelsus beschreibt die Venus als Fruchtbarkeitsgöttin (Früchte der Erde), die über unsere Liebe und Libido herrscht (Früchte des Menschen). Ihre lebensspendende Energie bezieht die Venus direkt aus der Schöpferkraft (Ens magnum), mit der sie im Prinzip identisch ist. Auf gleiche Weise steht die Nierenfunktion in Beziehung zu unserer Wahrnehmungsfähigkeit (Astralleib), durch die sich der Geist mit dem Göttlichen verbinden und schöpferisch tätig werden kann.

Die Liebesgöttin ist aus dem Schaum des Meeres geboren, ein Symbol für den Bezug zur Welt der Gefühle. Ihre Entstehung zeugt von der polaren Natur der Gefühle. Wie der Mythos erzählt, entmannte Kronos/Saturn seinen Vater Uranos aus Eifersucht und Missgunst und warf den Penis ins Meer. Aus der Vereinigung mit dem Quell des Lebens entstand die unvergleichbar schöne Aphrodite. Doch Schönheit kann auch eine Schwäche bedeuten. Stets ist Aphrodite darauf bedacht, als die Schönste zu gelten und Nebenbuhlerinnen müssen ihre Eifersucht und Eitelkeit fürchten. Hiervon erzählt auch das Märchen von der schönen Königstochter Psyche. Es ist eine Allegorie der Seele auf der Suche nach göttlicher Liebe. Zugleich beschreibt die Geschichte eine Initiation in die Geheimnisse des Schicksals und die Welten des Bewusstseins. Die Schönheit Psyches rief Aphrodites Eifersucht hervor. Ihr Sohn Amor sollte den Geist der Prinzessin verwirren. Doch die Liebe von Psyche und Amor durchkreuzte Aphrodites Rachepläne. Allerdings blieb die Liebe durch das Ränkespiel der Liebesgöttin zunächst unglücklich. Psyches schwieriger Weg zur Erfüllung ihrer Sehnsucht entführte sie aus dem Reich der Liebe in die verborgensten Winkel dieser Welt. Sie entdeckte die phantastischen Welten der Feen und Geister, aber auch Angst, Einsamkeit, Zweifel und unendliche Traurigkeit. Doch Sie konnte ihre Ängste überwinden und die scheinbar unlösbaren Aufgaben der Göttin Aphrodite meistern, die sie sogar in die Unterwelt führten. Von Persephone sollte sie der Liebesgöttin einen Krug, gefüllt mit göttlicher Schönheit, bringen. Weil sich Psyche in der Totenwelt zu benehmen wusste, bekam sie ihn auch. Neugierig wie sie war, schaute sie allerdings auf dem Rückweg hinein und sofort übermannte sie ein tödlicher Schlaf, denn nur den enthielt das Gefäß. So wurde sie von Amor gefunden, der sie wieder belebte und in den Olymp brachte. Unter dem Beifall aller Gottheiten, auch von  Aphrodite, konnten sie endlich ihre Hochzeit feiern und ihre Liebe wurde unsterblich. Schließlich gebar sie Amor eine Tochter, Voluptas, die Göttin der Lust (am Leben).

In der Astrologie hat die Venus vor allem eine Beziehung zur Pubertät, also dem Erwachen der Libido. Sie steht für Hingabe, Liebe, Selbstsicherheit, Sinnlichkeit, Schönheit und für die gefühlsmäßige Ausrichtung auf die Umwelt. Ihr Ziel ist eine harmonische Beziehung zur Umwelt. Werden diese Wesenseigenschaften unterdrückt, kommt es zur Ausbildung eines Angstkomplexes mit manchmal paranoiden Zügen. Das Verehrungswürdige wird zum Hassobjekt. Die lichte Seite der Venus ist das Streben nach Liebe, die dunkle Seite ist der Hass, der Zweifel und die Angst. Die Niere bezeichnet man auch als “Angstorgan”. In der Hermetik haben sämtliche paarig angelegten Organe einen Bezug zur Partnerschaft, also neben den Nieren z.B. auch Gehirn, Lunge, Schilddrüse, Eierstöcke und Hoden. Probleme im zwischenmenschlichen Bereich drücken sich auf Dauer als Krankheiten dieser Organe aus, vor allem von Niere und Blase. In der Schrift der (leider Konkurs gegangenenen) Firma Strath zu ihrem Nierenpräparat “Solidago-Strath comp.”, wird dieser Zusammenhang eindrücklich beschrieben (Strath-Labor, Strathstr. 5-7, 93093 Donaustauf): “Besonders belastet werden Nieren und Blase durch Angst und Unruhe. (…) Seelischer Druck, hervorgerufen durch andauernde Erwartungs- und Versagensängste, geht mit der Zeit in einen körperlichen Druck über und findet insbesondere in einem konstitutionell an sich geschwächten Nieren-Blasen-Bereich seinen Niederschlag. Die spontane körperliche Reaktion auf den inneren Druck bei ängstlicher Erregung zeigt sich im Drang zum Wasserlassen z.B. vor Prüfungen. Die Entleerung der Blase ist ein Entspannungsersatz für das Unvermögen, loslassen zu können. Bei Kindern erfolgt die Entladung der Seelenspannung nicht selten durch nächtliches Bettnässen. Werden Ängstlichkeit und ständige sorgenvolle Achtsamkeit zu einem Dauerzustand, so kann dies zu chronischer Trägheit der Nieren und bleibender Überempfindlichkeit der Blase führen. So wie die gefüllte unter Druck stehende Blase uns auffordert, den Inhalt zu entleeren, so können Beschwerden im Nieren-Blasen-Bereich eine Aufforderung dafür sein, durch Loslassen von Angst oder Bereinigung von Problemen, speziell in der Beziehung zum DU, seelischen Druck abzubauen.”

Staphisagria setzt man bei Blasenentzündungen nach seelischer Errgung ein
Foto Olaf Rippe

Die Nierenstrahlung

Die wichtigste Funktion der Venus im Menschen ist das Streben nach Ausgleich und Harmonie. Hierfür ist es notwendig, sämtliche Außeneinflüsse, sei es auf der Nahrungs-, der Atmungs- oder der Sinnesebene, energetisch zu verarbeiten. Die nach innen gerichtete Aufgabe der Niere ist es nun, das Fremde zu etwas Eigenem zu machen. Rudolf Steiner nannte diesen Prozess “Nierenstrahlung”, diese kann zu stark oder zu schwach sein. Die möglichen Krankheitsbilder sind wie die Gefühle polarer Natur (siehe hierzu die Schriften von A. Selawry und V. Bott). “Diese Nierenstrahlung ist zunächst ein dynamisches übersinnliches Geschehen, das aber bis in die Substanz hineinwirkt. Mittler dieses Hineinwirkens sind schließlich die Hormone” (Husemann).

Die zu schwache Nierenstrahlung führt zur körperlichen und seelischen Erschlaffung. Man kann auch von einer “Inkarnationsschwäche” sprechen. Das Fremde wird mangelhaft decodiert und assimiliert. Auf der körperlichen Ebene kann dies zu Asthenie mit Niederblutdruck und Magerkeit führen; übermäßige Blähungen sind typisch. Der Hypotonus zieht sich durch den ganzen Körper, vom Willen, über die Muskulatur, zur Herz-Kreislauffunktion, bis zur Sexualität. Es besteht eine Neigung zu Allergien mit Anergie (“nervös erschöpft”) und zur Gewebeerschlaffung mit Varikosis.
Auf der psychischen Ebene führen die unverdauten Seelenerlebnisse zu einer launischen, eher schizoiden Persönlichkeit, zu übermäßiger Angst und zu einer egozentrischen Geisteshaltung. Unverarbeitete Gefühle wirken wie seelische Parasiten, um die der Geist zwanghaft kreist. Therapeutisch sind tonisierende, roborierende Maßnahmen erforderlich, die gleichzeitig die Stimmung aufhellen und den Willen stärken: Gut geeignet sind Eisenverbindungen wie Ferrum sidereum D6/D12 (Meteoreisen), das man auch als Inkarnationsmetall bezeichnet. Es stärkt den Willen, die Abwehr und allgemein die Lebenskraft; gut geeignet ist das Präparat “Meteoreisen/Phosphor/Quarz” von Wala. Eisen hat eine starke Affinität zum Venusorgan Niere, schließlich ist der eiserne Mars der Geliebte der schönen Aphrodite.
Ein weiteres wichtiges Mittel ist Arsen und seine Verbindungen. Es wirkt allgemein roborierend und entgiftend, also auch entlastend auf den Nierenstoffwechsel. Das Arzneimittelbild von Arsen zeigt zahlreiche Symptome einer schwachen Nierenstrahlung: große Erschöpfung und Schwäche, schon nach der leichtesten Anstrengung; böse Folgen von Schreck, Furcht und Sorgen. Arsen ist angezeigt bei allen degenerativen Veränderungen, besonders im Nervensystem und bei allen brennenden und fressenden Symptomen. Bewährte Arsenverbindungen sind Levico, ein tonisierendes, arsensaures Heilwasser aus der Nähe von Trento, (“Levico comp.” Glob. und Amp., von Wala) und Skorodit, ein natürliches Eisenarsenat, zur Stärkung des Willens und des Kreislaufs (“Skorodit comp.” Amp. und Glob. von Wala) Sehr belebend wirken auch Säuren; im Prinzip sind alle Säuren Schwächemittel (Acidum phosphoricum, Acidum sulfuricum, Acidum citricum, jeweils D6 bis D12).
Eine schwache Nierenstrahlung bedeutet immer auch eine Schwächung der Ich-Kraft, mit mangelndem Selbstvertrauen und Stressresistenz. Der Patient fühlt sich von den Prüfungen des Lebens auf Herz und Nieren überfordert. Zur Behandlung der Ich-Schwäche eignet sich vor allem  old, z.B. “Aurum/Apis regina comp.” (Amp., Glob. von Wala): Das Sonnenmetall Gold stärkt das Immunsystem und hellt die Stimmung auf, es gibt einem Zuversicht und Selbstvertrauen.
Ein weiteres bewährtes Präparat ist “Sanguisol” (Tropfen von Soluna; siehe Naturheilpraxis 5/02; “Die Sonne im Menschen”). Es enthält neben Gold und Johanniskraut noch Weißdorn und Wiesenknopf zur Herz- und Gefäßstärkung sowie Safran, von dem Paracelsus meinte, es wäre das beste Mittel gegen die Melancholie.

Veranstaltungen zur Paracelsusmedizin

Die zu starke Nierenstrahlung führt zur körperlichen und seelischen Verkrampfung. Sie “beruht auf einem überaktiven, kräftigen Astralleib, der verstärkt eingreift und zu gesteigertem Stoffwechsel, beschleunigter Zirkulation und erhöhter Tonisierung führt” (Selawry). Ein Überangebot an decodierter Substanz führt zu gehäuften Ablagerungen, beziehungsweise zu Entzündungen, sofern die Depots gefüllt sind. Mögliche Krankheitsbilder sind beispielsweise Fettsucht, Struma, Meteorismus, Sodbrennen, Bluthochdruck, chronische Nierenleiden mit Ödembildung,  hrombosen, Sklerose und Steinbildung. Ferner kommt es zu Krampfleiden, z.B. Menstruationskrämpfen, Darmspasmen, spastischer Bronchitis, Asthma, Muskelkrämpfen oder Angina pectoris. Auch die “echte” Migräne gehört hierzu; eine Heilung muss unbedingt über eine Nierentherapie erfolgen (Paracelsus). “Auf seelischem Gebiet sind Menschen mit einer zu intensiven Nierenstrahlung meist aktive, emotional erregbare Naturen von eher pyknischer Konstitution” (Husemann). Sie neigen zu Hysterie, nervösen Schlafstörungen und zu Suchtkrankheiten. Solche Personen wollen ständig die Realität gestalten. Sie sind wenig hingebungsvoll oder vertrauensselig und seelisch verkrampft.
Aus therapeutischer Sicht benötigt man vor allem eine sedierende, spasmolytische und resolvierende Therapie. Sehr wohltuend ist in solchen Fällen die entspannende Wirkung der Melisse, als Tee, Tinktur oder als Destillat. Ein Wundermittel für Verkrampfte ist der Melissengeist, eine alchimistische Zubereitung aus Gewürzpflanzen, die man astrologisch Sonne und Venus zuordnet, z.B. als “Balsamischer Melissengeist” von Weleda (siehe hierzu auch den Artikel von Michael Schmid: “Die Melisse und ihr Geist”, Naturheilpraxis 4/01;). Ähnlich wirken manche alkaloidhaltige Pflanzen, allerdings nur in potenzierter Form oder als spagirische Zubereitung, da sie in substanzieller Form zu einer Intensivierung der Nierenstrahlung führen. Alkaloide bewirken eine “Lockerung des Astralleibes” und zwingen die Niere zu einer verstärkten Tätigkeit. Besonders entkrampfend auf den Astralleib wirken Nicotiana tabacum D6/D12, Strychnos nux vomica D6/D12 und Atropa belladonna D12. Zu den bewährten Krampfmitteln gehört auch die Kamille. Während man Blütenpräparate eher bei entzündlichen Prozessen im Stoffwechsel verwendet, eignen sich Zubereitungen aus der Wurzel zur Behandlung von Störungen mit Nervenbezug; verwendet wird “Chamomilla, Radix” D3 bis D30 von Weleda.
Weitere Ergänzungsmittel findet man unter den Rosengewächsen, da die ganze Pflanzenfamilie der Venus untersteht, z.B. Frauenmantel (Alchemilla vulgaris) und Gänsefingerkraut (Potentilla anserina), das “Krampfkraut” des Kräuterpfarrers Künzle.
“Ein weiteres Heilmittel für diese Störungen ist Carbo vegetabilis (Pflanzenkohle; Carbo Betulae D1 bis D30 von Weleda). Wenn eine Pflanze verkohlt, wird alles Leben eliminiert, nur die von der Kohle aufrechterhaltene Struktur bleibt übrig. Im übrigen ist die Brennbarkeit der Kohle und die Gasabsorptionsfähigkeit, ein Hinweis auf die Beziehungen zum Luftigen. Carbo ist ein “Atmer”. Carbo hilft dem Astralleib, innere Atmungsprozesse zu übernehmen. (…) Mit Carbo Equiseti arvensis (D3 bis D15, Schachtelhalmkohle von Weleda) zeigt die Therapie ganz besonders auf die Nieren” (V. Bott).
Aus der Mineralwelt eignet sich Zinn (Stannum metallicum D6/D12). Das Metall des Jupiters hat einen Bezug zum Wässrigen und eignet sich zur Strukturierung bei dysplastischen Prozessen und zur Lebertherapie. Es gehört zu den therapeutischen Grundregeln, dass eine Nierentherapie immer Lebermittel erfordert und umgekehrt; ein bewährtes Zinnpräparat ist “Metaheptachol” von Meta-Fackler. Zink, z.B. als Zincum metallicum (D6/12) oder Zincum valerianicum (D6/12), hat dagegen eine beruhigende Wirkung und ist dem Kupfer sehr ähnlich; Paracelsus ordnete beide der Venus zu Antimon und seine Verbindungen verwendet man vor allem wegen der resolvierenden Wirkung, wenn die zu starke Nierenstrahlung zu Ablagerungen führt. Die Firma Phönix nutzt die reinigende Wirkung von Antimon in zahlreichen Präparaten, z.B. “Phönix Tartarus III/020” (siehe Tabelle). Die Firma Soluna liefert mit “Splenetik” (Solunat 18) ein weiteres wichtiges Resolvens.

Dioptas, Kupfersilikat, hat sich bei psychischen Störungen und Nierenlieden wie Bettnässen bewährt
Foto Olaf Rippe

Therapiekonzept bei Enuresis nocturna

  • “P-sta” Tropfen (Pekana), mehrmals täglich 10 bis 15 Tropfen. Das Präparat hat sich in der Behandlung von nervlichen Überlastungen und Angstneurosen bewährt (Bettnässen ist i.d.R. ein ungelöster familiärer Angstkomplex).
  •  Trieno” Tropfen (Pekana), nachmittags und abends 15 Tropfen. Das Mittel eignet sich zur Behandlung von Enuresis nocturna und Blaseninkontinenz.
  • Kalium phosphoricum D12, 1 Mal täglich 5 Tropfen; Hauptmittel bei Blasenstörungen in Verbindung mit nervöser Furcht, Hysterie, Depression, oft bei gleichzeitigen Schulproblemen.
  • Dioptas D30 (Apotheke an der Weleda), alle zwei Tage 5 Tropfen; entspannt die Seele und erleichtert die Integration unterdrückter Emotionen.
  • Weitere Mittel, siehe Tabelle “Psychomittel für die Niere”

Die Heilkraft des Kupfers

Hauptmittel bei Störungen der Nierenstrahlung ist Kupfer (Cuprum metallicum), das man der Venus zuordnet. “Kupferprozesse steuern den gesamten Stoffwechsel, bis in den Luft- und Wärmestoffwechsel. Sie fördern die Verdauung, den intermediären Aufbau-Stoffwechsel, Eiweißbildung und Blutbildung; die venöse Zirkulation (Venus – Venen), die Nieren- und Nebennierenfunktion, die Thyreoideafunktion, den Stoffwechsel und die Erregbarkeit des vegetativen wie des Zentralnervensystems und der Muskulatur, den Stoffwechsel des Knochensystems und der Haut. (…) Bezeichnend für Kupfer sind undefinierbare Magenschmerzen bei gesteigerten Sensationen des Sonnengeflechts nach Schreck, Schock und vor allem nach Todesfällen” (Selawry). Typisch sind solche Erscheinungen auch beim Drogenentzug, z.B. von Nikotin. Die zu schwache Nierenstrahlung lässt sich mit Olivenit anregen, einem natürlichen Kupferarsenat, das allgemein die Nierenfunktion stärkt und ein sanftes Powermittel für Neurastheniker mit Hypotonus ist (D6/D12 von Weleda).
Anregend wirkt auch Cuprit, ein natürliches Kupferoxid. Die tiefrote Färbung erinnert eher an eine Eisenverbindung. Die “Kupfersalbe rot” (Wala) eignet sich zur Energetisierung von Muskulatur und Organen sowie zur Anregung der Wärmeprozesse. Hierzu reibt man die Salbe speziell im Nierenbereich, an den Hand- und Fußgelenken sowie der Fußsohle ein. Allgemein kann man sie zur Streichmassage im Bereich des Nieren- und Blasenmeridians verwenden.
Hauptsächlich gebraucht man aber Kupfer bei einer zu starken Nierenstrahlung (Cuprum metallicum D12), zu der vor allem Männer neigen, während Frauen eher eine zu schwache Nierenstrahlung haben und mehr Eisenverbindungen benötigen. Kupfer wird vor allem bei Krampfleiden verwendet, die meistens auf eine Erhöhung der Nierenstrahlung hindeuten. Das Venusmetall nennt man auch Krampfmetall. Außer dem reinen Metall, kann man auch kolloidales Kupfer verwenden, es ist Bestandteil von “Renalin” (= Solunat Nr. 16 von Soluna), dessen Wirkung  ämtliche Venusprozesse abdeckt, also neben Nierenleiden, vor allem auch Krampfleiden.
Gut geeignet ist auch Kupferacetat. Man gewinnt es, indem man Malachit in Essigsäure löst. Das Ergebnis ist eine tiefblaue Substanz, mit einer starken sedierenden und spasmolytischen Wirkung. In der Psychotherapie hat sich auch der Dioptas bewährt, ein grünes Kupfersilikat. In höheren Potenzen fördert es die Integration unangenehmer Erlebnisse. Vor allem lässt es einen Handlungsmuster verstehen und man erkennt besser die Zusammenhänge zwischen scheinbar Getrenntem. R. Steiner weist darauf hin, dass Kupfer die Fähigkeit zum analogen Denken verstärkt. Dioptas ist das beste Mittel für die “Nierenpsyche”. Kupfersulfat (Cuprum sulfuricum) wirkt hingegen eher im Stoffwechsel, also bei Verdauungsstörungen, Darmdysbiose, Strumabildung, Entzündungen im Nierenbereich und bei Steinbildungstendenz.

Kupfer, das Metall der Venus, eignet sich allgemein bei allen Nierenleiden zur Regulationstherapie
Foto: Olaf Rippe

Kupferpräparate des Handels

Präparat / Firma / Zusammensetzung / Wirkprofil

  • Cuprum aceticum comp. Ampullen (Wala): Cupr. acet. D5, Nicot. tabac. D9, Renes D5: Ableitungsmittel – Krampfleiden, speziell Asthma, Migräne
  • Glandula suprarenalis dextra cum Cupro sowie Glandula suprarenalis sinistra cum Cupro beides als Ampullen, Globuli (Wala): Gland. supr. dext. D5, Cupr. met. D5 bzw. Gland. supr. sin. D5, Cupr. met. D5: Organbeziehung Niere – Leber bzw. Organbeziehung Niere – Verdauungsdrüsen Beide Mittel auch mischbar: Hypotonie, Antriebsschwäche (schwache Nierenstrahlung)
  • Phönix Solidago II/035B Tropfen (Phönix): Bolus alba mittels Acid. sulf. D2, Ant. crud. D8, Arnica e flor. D2, Aur. chlor. D5, Camphora, Cupr. sulf. D4, Dig. D4, Hell. viridis D4, Merc. subl. corr. D6, Juniperus Ø, Sold. virg. Ø, Spiraea ulmaria Ø, Urtica D2: Entzündliche Prozesse der ableitenden Harnwege; allg. zur besseren Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen. Tartarische = gichtisch-rheumatische Diathese, Lithiasis, Rheuma
  • Phönix Tartarus III/020 Tropfen (Phönix): Bolus alba mittels Acid. sulf. D2, Ant. crud. D8, Arnica e flor. D2, Aur. chlor. D5, Camphora, Chel. maj. D3, Cor. rubr., Kal. nitr., Cupr. sulf D4, Dig. D4, Hell. vir. D4, Juniperus Ø, Kal. nitr. D3, Merc. subl. corr. D6, Orthosiphon Ø, Sol. virg. Ø, Spiraea ulmaria, Tartarus crudus, Zinc. met. D8: allg. zur besseren Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen. Tartarische = gichtischrheumatische Diathese, Lithiasis, Rheuma (zus. mit Phönix Solidago II/035B, Tropfen)
  • Renalin Tropfen (Soluna) = Solunat Nr. 16: Betula folium, Bursae pastoris herba, Equisti herba, Graminis rhizoma, Ononidis herba und radix, Petroselini fructus und radix, Solidaginis virgaureae herba, Uvae ursi folium, Sarothamnus, Cuprum colloidale: Entzündliche Prozesse der ableitenden Harnorgane und Harnwege, Tartarische Diathese, Lithiasis; Begleitmittel bei Enuresis, renaler Hypertonie, Allergien, Kanzerose, Chronische Krankheiten an Grenzflächen (Mykosen, Allergien), Entgiftung von Schwermetallen
  • Renes / Borago comp. Ampullen, Globuli (Wala): Bindegewebe D5, Borago D5, Cupr. acet. D5, Ductus thoracicus D5, Funiculus umbilicalis D5, Mesenchym D5, Renes D5: Ableitungsmittel bei lymphatischer Diathese; Lymphödem
    Renes / Cuprum Ampullen (Wala) oder Cuprum – Ren Ampullen (Weleda): Cupr. met. D7, Renes D5 bzw. Tetraminkupfersulfat / Ren: Allg. bei Erkrankungen der Harnorgane und Harnwege; Asthma; innere Unruhe (erhöhte Nierenstrahlung)
  • Solidago comp. S Ampullen (Heel): Solid. D3, Berb. D4, Vesica urinae D8, Pyelon D10, Ureter D10, Urethra D10, Tereb. D6, Hydrarg. bichlor. D8, Acid. ars. D28, Cupr. sulf. D6, Bucco D8, Hep. sulf. D10, Caps. D6, Orthosiph. D6, Equisetum hiemale D4, Par. brav. D6, Canth. D6, Apisinum D8, Bapt. D4, Natriumpyruvat D10, Pyrog. D 198, Sarsap. D6, Colibac. D13, Coxackie D8, Arg. nitr. D6: Akute und chronische Erkrankungen der Nieren und Harnwege, Zystitis, Zystopyelitis, Lithiasis, Enuresis, Prostata-Adenom, Incontinentia, Nephrosklerose; Anregung der Nierenausscheidung
  • Spascupreel Tabletten, Ampullen, Suppositorien (Heel): Coloc. D4, Amon. brom D4, Atrop. sulf. D6, Veratr. D6, Mag. phos. D6, Gels. D6, Pass. inc. D2, Agar. D4, Cham. D3, Cupr. sulf. D6, Acon. D6 Spasmen und Kolikschmerzen

Bei seiner Häutung verdichtet der Flusskrebs Kalk aus seinem Panzer in kleinen Kügelchen
und lagert diese kurzzeitig im Magenbereich ab; nach der Häutung löst er diese wieder auf
und baut lagert ihn wieder im Panzer ein; Foto Olaf Rippe

Krebsaugen aus Kalk zur Behandlung von Nierensteinen nach dem Analogieprinzip; Foto Olaf Rippe

Was den Stein bricht

Eine typische Folge erhöhter Nierenstrahlung ist die Bildung von Nieren- und Blasensteinen. Paracelsus nannte die mineralischen Ausfällungen (Koagulation) aus dem Wässrigen Tartarus; er schrieb: “Wenn der Magen kräftig ist, dringt das Reine zu den Gliedern, um sie zu ernähren, das Unreine tritt mit dem Stuhl aus. Wenn der Magen schwach ist, schickt er auch das Unreine zu der Leber; hier geht auch eine Scheidung vor sich. Wenn die Leber kräftig ist, scheidet sie richtig und sie schickt zugleich das Schleimige mit dem Harn zu den Nieren. Wenn hier eine gute Scheidung ist, ist es richtig, wenn nicht, so bleibt hier jenes Schleimige und Steinige zurück und koaguliert sich zu Sand, was ich Tartarus nenne.” Unter Tartarus verstand Paracelsus jede Art von Ablagerung, vor allem aber Gicht, Rheuma, Sklerose, Arthrose und Steine.
Frauen neigen bekanntlich eher zu Gallensteinen, also zum Tartarus im Organ des Mars. Männer neigen hingegen eher zu Nierensteinen. Die Galle hat eine Beziehung zur Wut. Gallensteine könnte man auch als unterdrückte Wut oder “Ärgersteine” bezeichnen. Besonders “garstige” Frauen gehören zu den Betroffenen. Männer haben dagegen eher Probleme mit der Sozialität und mit ihrem Gefühlesausdruck, speziell der Angst, die sie gerne unterdrücken.
“Konzentrieren sich die Partnerkonflikte, so entsteht erfahrungsgemäß eine Neigung zur Bildung von Nierensteinen. Der Körper reagiert entsprechend, indem er Stoffe, die eigentlich ausgeschieden werden sollten, konzentriert und kristallisiert. Nach der Statistik haben Männer viel häufiger Nierensteine als Frauen, weil die Verwirklichung der Harmonie für den Mann an sich schwieriger ist als für die Frau” (Anmerkungen zu “Solidago-Strath comp.”, Strath-Labor siehe oben).
Man konnte nachweisen, dass es bei Schreck und Schock zu mineralischen Ausfällungen in den Nierentubuli kommt. Nierensteine heißen also zu Recht auch “Angststeine”.

Paracelsus war der Ansicht, dass vor allem der Flusskrebs der Steinbildung entgegenwirkt. Er schrieb: “(…) Merket euch vom Krebs. Er hat eine vortreffliche Art in sich, die Feuer der Hitze zu löschen (…). Außerdem hat er ein Arcanum in sich, um den Tartarus zu lösen. (…) Es (der Krebs) treibt Gries und Sand, auch den reißenden Stein gewaltig durch den Harn aus dem Menschen aus. Es lässt überhaupt keinen Stein (tartarum) im Menschen wachsen, sondern es vertreibt ihn mit Gewalt.”

Im “Arzeney-Schatz” des Johann Schröder, einem Apothekerlexikon aus dem Jahr 1685, findet man folgende Ausführungen: “Die Krebse kühlen, feuchten, stillen den Schmerzen, figieren die tobenden Geister. Daher gebrauchet man sie in der Hitz / und Schmerzen des Haupts und der Nirn (…). Die Krebs-Augen (…) kühlen / trocknen / zermalmen den Stein / resolvieren den Tartarus und das coagulirte Geblüt / darum gebraucht mans im Grieß / Seitenstechen (= Leberstechen) / Keuchen ( = Asthma) / der Colic (…). Die Krebs-Augen (…) zeuget im Krebs neue Schalen / und macht dass die alten herunter fallen / daher er ein Erneurungs-Mittel kann genannt werden (…). Das mit Spir. Virid. Aer. oder ZitronenSafft bereitete (also in Säure gelöst) Magisterium ist allen anderen vorzuziehen.”

Der sogenannte Krebsstein ist ein Kalkkonglomerat, der bei der “Häutung” eine Rolle spielt. Bei der regelmäßigen Abstoßung seines Panzers lagert der Krebs Kalk im Kopfteil seines Verdauungsapparates ab. Zur Neubildung seines Panzers löst er den Kalk wieder auf. Dies ist ein perfektes Beispiel für die Forderung des Paracelsus, dass die Heilmittel den Vorgängen im Körper möglichst entsprechen sollen.
Rudolf Steiner griff diese Gedankengänge auf und schuf mit “Renodoron” (Ampullen und Tabletten von Weleda) eine Arznei speziell gegen Nieren- und Blasensteine. Neben Krebsstein enthält es noch Flintstein / Feuerstein. Dabei handelt es sich um eine zu Stein gewordene  ugelförmige Ausscheidung von Kleinstlebewesen, mit scharfen Bruchkanten, also um das Ebenbild eines Nierensteins. Inzwischen bietet die Firma Weleda eine galenisch verbesserte Variante von “Renodoron” an: “Silex-Lapis Cancri solutus” Dil. D4, Sonderanfertigung (Nachfragen bei Dr. Engel, Weleda).
Nach Paracelsus ist die Judenkirsche (Physalis alkekengi, Urtinktur bis D4) eine gute Ergänzung; Boericke schreibt: “Deutliche Harnsymptome bestätigen den Gebrauch von Alters her bei Grieß, Lithiasis; deutliche diuretische Wirkung. (…) Harnwege: Scharf, faulig, verhalten oder reichlich. Polyurie. Plötzliche Unfähigkeit, den Urin zu halten. Nächtliche Inkontinenz. Enuresis.”
Paracelsus gebrauchte ferner Goldrute, Dill, Meisterwurz, Betonie, Tausendgüldenkraut und Wacholder. Zur Auflösung eignet sich auch das Firmenmittel “Juniperus / Berberis comp.” Kapseln (Wala) und Antimon (“Phönix Tartarus III/020” Tropfen von Phönix oder “Splenetik” von Soluna). Weitere Ergänzungsmittel kommen vor allem aus der Pflanzenwelt. Der Sauerklee (Oxalis acetosella D12) begünstigt beispielsweise durch seinen Oxalsäuregehalt die Steinbildung. Als Homöopathikum ist er jedoch ein Mittel bei Steinleiden und zudem eine vortreffliche Arznei bei Status nach Schock. Einige Pflanzen können sogar in Mauerritzen und auf nacktem Stein überleben, eine Signatur ihrer potenziellen Heilkraft; Beispiele sind Steinbrech (Saxifraga granulata) und Löwenzahn (Taraxacum officinale).

“Du wirst dir merken, dass ein steinbrechendes Mittel einen Stein leicht bricht” (Paracelsus).

Zur Beachtung!

Der Leser ist aufgefordert, Dosierungen und Kontraindikationen aller verwendeten Arzneistoffe, Präparate und medizinischen Behandlungsverfahren anhand etwaiger Beipackzettel und Bedienungsanleitungen eigenverantwortlich zu prüfen, um eventuelle Abweichungen festzustellen.

Die in diesem Artikel aufgeführten Rezepte und Behandlungshinweise verstehen sich ausschließlich als Lehrbeispiele und können daher auch weder den Arztbesuch noch eine individuelle Beratung durch einen Heilpraktiker bzw. Arzt ersetzen. Sie sind nicht als Ratschläge zu einer Selbstbehandlung gedacht, sondern wollen lediglich einen Einblick in Therapiemöglichkeiten geben! Die Einnahme der genannten Heilmittel wie auch die Anwendung der Rezepturen oder das Befolgen der Therapieempfehlungen geschieht stets auf eigene Verantwortung. Sollten Sie nicht die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde haben und über eine entsprechende Erfahrung verfügen, ist es empfehlenswert, sich vor jeder Anwendung kompetenten Rat bei einem Arzt oder einer Ärztin, einem Heilpraktiker oder einer Heilpraktikerin einzuholen. Es ist in jedem Fall ratsam, sich vor der Anwendung eines Heilmittels über mögliche Gegenanzeigen oder Nebenwirkungen zu informieren. Auch sollte die nur modellhaft angegebene Dosierung grundsätzlich überprüft und individuell angepasst werden. Bitte beachten Sie ebenso alle Warnhinweise und Anwendungsbeschränkungen der jeweiligen Beipackzettel.

Literatur

  • Bott, Victor: Anthroposophische Medizin, Bd. I/II; 1982, Haug-Verlag
  • Husemann, Friedrich / Wolff, Otto: Das Bild des Menschen als Grundlage der Heilkunst, Bd. I/II/III; 1986, Verlag freies Geistesleben
  • Rippe, Olaf / Madejsky, Margret / Amann, Max / Ochsner, Patricia / Rätsch, Christian: Paracelsusmedizin; 2001, AT-Verlag.
  • Selawry, Alla: Metallfunktionstypen in Psychologie und Medizin; 1985, Haug-Verlag; nun Salumed Verlag

Buchtipp

Titel

Nach oben