Das Wasser des Lebens: Aqua vitae – von Olaf Rippe

»Es ist richtig, dass die Arznei wegen unseres langen Lebens geschaffen wurde, damit wir eine Zeit von 80 Jahren erreichen und weiter noch die Jahre der Mühe und Arbeit. (…) Denn wir sind Staub und Schatten, die alle Tage zergehen wie eine Wasserblase.« (Paracelsus)

Seit ältesten Zeiten ist der Mensch daran interessiert, sein Leben zu verlängern: Erste Rezepte für Lebenselixiere sind uns aus der Antike überliefert. Von der arabischen Medizin verfeinert, spielten sie vor allem in der mittelalterlichen Klostermedizin eine bedeutende Rolle. Noch heute sind die Herstellung und der Vertrieb von Lebenselixieren ein lukratives Geschäft für viele Klostergemeinschaften. Hier ist also eine ungebrochene Tradition am Werk, und manche zeitgenössischen Rezepte unterscheiden sich kaum von denen aus alter Zeit.

Bei den Zutaten hat man sich aber doch inzwischen etwas gemäßigt, wenn man bedenkt, dass zu Zeiten des Paracelsus bis zu 300 Ingredienzien in einem einzigen Mittel keine Seltenheit waren. Unter den Begriffen Theriak oder Mithridat wurden diese Wundertränke seit dem 13. Jahrhundert in jeder Apotheke geführt und in alten Kräuterbüchern wegen ihrer giftwidrigen und positiven Wirkung auf die Stimmung gerühmt.

Früher enthielten die Wundertränke häufig Opium – einmal weil es das wirkungsvollste Schmerzmittel war, das man kannte, andererseits aber auch, weil es einen Heilschlaf bewirkte, ähnlich dem Tempelschlaf in den alten Mysterienstätten der Medizin. Heute gehört Opium zu den gesetzlich verbotenen Substanzen (bis D6 rezeptpflichtig und dem Betäubungsmittelgesetz unterworfen).

Weitere Zusätze, die man häufig auch heute noch verwendet, sind in erster Linie aromatische Kräuter, aber auch Mineralien, vor allem Edelsteine wie Granat oder Rubin oder Metalle wie Eisen und natürlich Gold. Zubereitungen aus tierischen Substanzen – beispielsweise Ambra, Moschus oder Vipernfleisch – findet man heute genauso wenig wie pulverisierte Mumie, die im Mittelalter eine Universalmedizin darstellte und auch von Paracelsus viel verwendet wurde. Wenn etwas die Zeiten überdauert wie eine einbalsamierte Leiche, dann musste dies nach dem Gesetz der Sympathie einfach das Leben verlängern können.

Obwohl Paracelsus häufig Lebenselixiere verwendete, wetterte er immer wieder gegen die ellenlangen Zutatenlisten. Er plädierte für überschaubare Mischungen, was vor allem die Apotheker seiner Zeit wenig erfreute. Seine längsten Rezepte bestanden aus etwa zehn bis zwölf Zutaten, meistens waren es aber wesentlich weniger. Allerdings kombinierte er seine Rezepte gerne miteinander, um den unterschiedlichen Organprozessen zu entsprechen. Ein Vorgehen, wie es heute in der Schulmedizin, aber auch in der »klassischen« Homöopathie üblich geworden ist – nämlich die Behandlung mit Einzelsubstanzen –, hätte er mit Sicherheit ebenso abgelehnt wie extrem umfangreiche Rezepturen.

Melissengeist in verschiedenen Ausführungen. Dieses Traditionsrezept gehört auch zu den Lebenswässern

Lebenselixiere müssen indes immer etwas komplexer zusammengesetzt sein, weil sie als Universalheilmittel möglichst alle Bereiche des Körpers ansprechen sollen. Sie wirken anregend auf sämtliche Stoffwechsel- und Ausscheidungstätigkeiten und ausgleichend auf vegetative Funktionen, fördern also einen gesunden Appetit, bewirken einen guten Schlaf und steigern die Lebens- und Liebeslust. Gleichzeitig sollen sie sämtliche Geisteskräfte positiv stimulieren. Wichtig ist dabei auch, dass Lebenselixiere eigentlich nicht zur Behandlung spezifischer Erkrankungen gedacht sind, sondern der Gesunderhaltung dienen. Sie sind also prophylaktisch wirksam, indem sie alle lebenswichtigen Organfunktionen anregen und regenerieren.

Auch Landschaft und klimatische Einflüsse gelten von jeher als bedeutsam für eine vitale Lebenskraft. Paracelsus erwähnte an mehreren Stellen, dass eine wohltemperierte Landschaft die Gesundheit fördere – vor allem Weinanbaugebiete seien allgemein empfehlenswert, der Wein ist schließlich selbst ein Elixier des Lebens. Ein Teil der Lombardei, der Veltlin, hatte es ihm wohl besonders angetan. Dort strotzten die Menschen vor Gesundheit, vor allem kannten sie keine tartarischen Krankheiten, also chronische Stoffwechselleiden, wie Paracelsus hervorhob. Natürlich haben Industrialisierung und Tourismus auch in den italienischen Alpen viel zum Negativen verändert, doch die Gebiete rund um den Comer See wirken tatsächlich immer noch ausgesprochen wohltuend. Bei unseren Seminaren in den Kräutergärten der spagirischen Firma Soluna, die in den Bergen nördlich von Bergamo liegen, stellten wir eine sehr hohe Energie in der ganzen Umgebung fest, die man nicht nur den Heilpflanzen, sondern auch den daraus hergestellten Arzneimitteln anmerkt. Es verwundert daher auch nicht, dass sich in dieser Landschaft seit Genekräuterkunde rationen alte Menschen aus Mailand monatelang zur Erholung aufhalten oder gleich ihren Altersitz dort einrichten.

Der beste Weg zur Verlängerung des Lebens war für Paracelsus jedoch eine gemäßigte, naturnahe und einfache Lebensweise. Eine Bestätigung dieser Ansicht erhielten wir durch einen befreundeten Griechen, der einer Familie entstammt, deren Mitglieder fast alle über 100 Jahre alt geworden sind. Sein Großvater, der mit 110 Jahren noch die Ziegen in den Bergen hütete, offenbarte ihm eines Tages das Geheimnis seines langen Lebens: »Wenn du so alt werden willst wie ich, dann musst du möglichst immer frisches Quellwasser trinken, dich viel an der frischen Luft bewegen und dich möglichst karg ernähren, am besten von dem, was du selbst angebaut hast oder was dir die Natur um dich herum schenkt.« Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Ein weiteres Geheimnis vieler Hundertjähriger ist ihre Gemächlichkeit. Hektik ist für sie ein Fremdwort, und kleine Sünden zwischendurch wissen sie durchaus zu schätzen.

Zur Gesunderhaltung empfahl Paracelsus auch regelmäßige Badekuren, möglichst in natürlich warmen Quellen, wie z.B. in Bad Pfäfers. Wir haben uns selbst von der regenerierenden und entspannenden Wirkung dieses Jungbrunnens überzeugen können, die Paracelsus mit der Heilkraft von Melisse verglich. Das Wasser, das ausgesprochen mineralarm und konstant 37 Grad warm ist, entzieht dem Körper Schlackenstoffe; nach einiger Zeit wird man innerlich ganz ruhig und entspannt. Leider kann man heute nicht mehr in der Schlucht selbst baden, da man das Wasser in die Bäder von Bad Ragaz ableitet. Wenn man in der dunklen Klamm steht und dem tosenden Bach lauscht, hat man das Gefühl, am Eingang zum Hades zu stehen. Es ist kaum vorstellbar, dass man dort sogar mehrere Tage ununterbrochen in Bottichen sitzend zubrachte, während Bademeister sich um das leibliche Wohl der Badegäste kümmerten.

Jungbrunnen von Lucas Cranach

Außerdem braucht der Lebensgeist regelmäßiges Training. Gesund ist man schließlich auch, wenn man Krankheiten möglichst unbeschadet übersteht; wir sprechen dann von einer robusten Natur. Besonders Kinder brauchen die Überwindung von Erkrankungen zur Ausbildung ihrer individuellen Lebenskraft. Es ist aus der Sicht besorgter Eltern zwar durchaus verständlich, wenn man durch Impfungen oder eine desinfizierte Umwelt alles Infektiöse vom Kind fernhalten will. Inzwischen zeigen sich jedoch immer mehr Probleme, die erst durch das Vermeiden von Krankheiten entstanden sind, z.B. eine extreme Zunahme von Verhaltensstörungen, Allergien und eine generelle Infektanfälligkeit, vor allem aber eine immer schlechtere Rekonvaleszenz. Wurden die Kinder zudem nicht oder nicht lange genug gestillt, ist der chronischen Krankheit Tür und Tor geöffnet.

Auch die zunehmende Verzärtelung trägt zur Anfälligkeit bei, wie bereits Kräuterpfarrer Künzle (1935) meinte: »Kinder, die den Sommer über barfuss gegangen sind, ertragen dreimal so viel Kälte und sind dreifach ausdauernder als die verwöhnten und verhätschelten Kinder, die selbst im Hochsommer als Adelszeichen Schüeli und Strümpfli tragen. (…) Sie sehen aber auch immer darnach aus, diese Puppenkinder, bleich wie Mehlsäcke, leicht wie Federn und gebrechlich wie Kaffeebeckeli.« Das Ergebnis, so Künzle, sei eine Jammerorgel mit 365 Registern. Eine kleine Erkältung ist inzwischen für viele Kinder tatsächlich der Beginn einer langjährigen Odyssee durch Arztpraxen, bis sie schließlich nach zahlreichen Antibiotikagaben beim Heilpraktiker oder Naturheilarzt als chronischer Fall landen. Nur sehr zögerlich bahnt sich hier eine Änderung in der Einstellung an. Auf jeden Fall muss man inzwischen immer häufiger lebensschwachen Kindern Arzneien geben, die bisher älteren Menschen vorbehalten waren.

Beim Thema Lebensalter ist die Frage berechtigt, ab wann man denn Lebenselixiere überhaupt einsetzen sollte. Die Antwort ist eigentlich ganz einfach – wenn sich die ersten Verschleißerscheinungen bemerkbar machen, was bei den meisten inzwischen ab Mitte dreißig bzw. Anfang vierzig der Fall ist.

Das Wasser des Lebens: Aqua vitae – Jedes Alter hat seine besondere Arznei

Sämtliche Lebenselixiere bestehen daher mehr oder weniger aus Stoffen, die man Venus und Sonne unterstellt. Beide Kräfte harmonieren perfekt miteinander, und durch ihren Synergismus erhalten sie die Lebenskraft am besten. In erster Linie wirken sie harmonisierend auf die vegetativen Funktionen (Venus) und anregend auf alle Wärmeprozesse (Sonne). Ihre harmonischen Wirkungen machen sie zu den wichtigsten Heilmitteln, wenn die Lebensflamme langsam, aber sicher schwächer wird. Je näher man sich mit dem Alter der eigentlichen Lebensphase des Saturns nähert, desto mehr sollte man an sie denken.

Hauptbestandteil der klassischen Rezepte ist die Melisse, die man als Prototyp einer Venuspflanze bezeichnen kann. Aber auch die Rose oder andere Vertreter der Rosengewächse, etwa Weißdorn, sind öfter enthalten. Die weiteren Zutaten sollten dagegen vor allem sonnenhafte Signaturen zeigen. In erster Linie finden wir die Farben Gelb, Orange und Rot – Beispiele sind Johanniskraut, rote Koralle, Gold, Goldlack, Safran und Schöllkraut. Sonnenhafte Pflanzen zeigen auch oft einen stattlichen, majestätischen Wuchs, wie Engelwurz, Enzian oder Liebstöckel. Sie sind gut strukturiert, trocken und fest, wie z.B. Rosmarin. Blüten von Sonnenpflanzen orientieren sich zum Licht wie die Sonnenblume oder die Wegwarte und sind wie die Blüte des Adonisröschens strahlenförmig aufgebaut. Korbblütler zeigen dieses Prinzip ebenfalls, wobei hier einige auch der Venus unterstellt sind, wie die Kamille oder das Gänseblümchen. Der Geschmack der Sonnenpflanzen ist würzig, aromatisch, oft etwas scharf und bitter, aber nie extrem; daher unterstehen fast alle Gewürze der Sonne; Beispiele sind Bohnenkraut, Gelbwurz, Ingwer oder Macis. Der Geruch ist ebenfalls aromatisch, herb-würzig, oft auch warm und süß; hier ist der Zimt ein ideales Beispiel. Wohlgerüche sind eines der Geheimnisse eines Elixiers.

Melisse gehört als Seelenbalsam in jedes Lebenswasser

Weil man noch keine Vorstellung von Erregern hatte, machte man früher pestilenzische Dämpfe für Krankheiten verantwortlich. Diese Idee ist keineswegs von der Hand zu weisen. In Krankenzimmern herrscht mitunter eine unerträglich »dicke Luft«. Man weiß heute, dass Aromastoffe nicht nur die Atmosphäre bessern, sondern auch die Luft von Keimen befreien; abgesehen davon fühlt man sich damit einfach sehr viel wohler – was wiederum zur Gesundung beiträgt – als mit ekelhaft riechenden Desinfektionsmitteln. Aromatische Stoffe sind auch innerlich ähnlich wirksam. Hierzu schrieb Oswald Croll: »Wer durch einen schlechten Geruch erkrankt (Pesthauch), der ist nur schwer zu heilen, weil der schlechte Geruch mit dem Spiritus in alle Teile des Körpers gelangt, vor allem aber in das Gehirn und in die Brustorgane eindringt. Nach Baptista Porta und auch nach der allgemeinen Erfahrung wird häufig durch den Geruch eines Lebenselixiers aus aromatischen Pflanzen die entweichende Seele zurückgehalten. (…) Sind doch die angenehmen Gerüche analog und austauschbar unserem Spiritus, die allein Träger unseres Lebens sind« (zit. n. G. Stille, 1994).

Man ordnet die einzelnen Duftstoffe selbstverständlich den unterschiedlichsten Planeten zu, doch die Aromatherapie untersteht ganz dem Götterboten Merkur. Das Merkur-Prinzip wirkt besonders stark energetisierend auf das Nerven- und Hormonsystem; wir erinnern uns an die merkuriellen blauen Blüten in der seelisch orientierten Herztherapie. Merkur stimuliert jedoch auch alle Stoffwechselvorgänge, da ihm das Prinzip der Wandlung unterstellt ist. In der Heilmittelwelt sind es vor allem Doldenblütler, die eine solche Wirkung entfalten. Ihre Blütenbildung erinnert an ein Feuerwerk. Durch ihren strahligen, lichthaften Blütenaufbau scheinen sie einen Bezug zur gesamten Sternenwelt zu haben. Tatsächlich fangen ihre Blüten die kosmischen Strahlen ein und teilen sie der Umgebung mit. Verwenden wir sie als Arzneien, dann wirken sie wie ein Katalysator anregend auf die alchimistischen Umwandlungsprozesse im Energiehaushalt (Zitronensäurezyklus und Atmungskette). Sie sind also unverzichtbare Bestandteile eines Elixiers. Hieronymus Bock erwähnte beispielsweise einen »Theriak des armen Mannes«, der praktisch nur aus Doldenblütlern besteht, die in Mitteleuropa entweder wild vorkommen (z.B. Bärenklau, Bärwurz, Bibernelle, Engelwurz, Giersch, Haarstrang, Kümmel, Meisterwurz, Möhre und Pastinak) oder die man leicht anbauen kann (wie Dill, Fenchel, Liebstöckel und Petersilie).

Doldenblütler gelten als Theriak des armen Mannes

Heute würden wir auch noch den giftigen Schierling (Conium maculatum) zusetzen, allerdings nur potenziert (innerlich rezeptpflichtig bis D4). Als vergeistigtes Heilmittel wird auch er zu einem Tonikum der Lebenskraft. Conium ist ein wichtiges Mittel in der Homöopathie zur Behandlung von Altersleiden, z.B. bei Depressionen, vor allem bei Alleinstehenden; damit ist er das »Psychomittel Nr. 1« für Bewohner von Altersheimen (D12 bis D30). Weitere Indikationen sind Arteriosklerose, Altersschwindel, nachlassende sexuelle Kraft, chronische Immunopathien und Verhärtungen, vor allem im Lymphbereich, Präkanzerose und Krebs (D6 bis D12). ln der alten Medizin war diese Wirkung noch völlig unbekannt – wir verdanken sie ganz der Homöopathie.  Äußerlich verwenden wir Schierling als Resolvens zur Auflösung von Drüsenverhärtungen (Conium maculatum Salbe 5% von Weleda).

Aber auch die anderen Planetenkräfte sollte man nicht ganz vergessen. Jupiterkräfte fließen fast schon von selbst mit ein, da viele Sonnenpflanzen gleichzeitig dem Regenten des Olymps unterstehen (Jupiter ist die höhere Oktave der Sonne); Beispiele sind Engelwurz oder Gelber Enzian. An Marsmittel sollte man immer denken, wenn man insbesondere die Abwehrkräfte stärken will, oder wenn man sich ohnmächtig und willensschwach fühlt. Auch hier zeigen sich oft Gemeinsamkeiten zur Sonne, da beide Kräfte dem Feuerprinzip unterstellt sind; Beispiele wären Meisterwurz, Sonnenhut oder Berberitze.

Heilmittel mit lunaren Eigenschaften findet man dagegen selten in Elixieren, da sie nicht erwärmend, sondern eher kühlend wirken. Gleiches gilt für Saturn. Seine Kräfte möchte man ja in die Schranken weisen, daher wird man sie nur indirekt in das Rezept einfließen lassen können. Mond und Saturn beherrschen den Winter, und Paracelsus unterstellte beide dem Sal-Prinzip. Sie regieren über die Kälteprozesse im Menschen (Saturn gilt in der Astrologie als höhere Oktave des Mondes). Trotz der Gemeinsamkeiten bilden Saturn und Mond eine Polarität. Saturn regiert das Alter – saturnale Arzneien sind dunkel, trocken und starr. Dagegen regiert der Mond die Kindheit – seine Mittel sind licht, feucht und weich. Würde man beide Prinzipien harmonisch vereint finden, dann wäre dies eine ideale Arznei für Altersleiden. Tatsächlich finden wir im Schachtelhalm ein Beispiel: Er zeigt den Saturn durch seine harten Strukturen und seine blütenlose spartanische Erscheinung, während er im Inneren aber sehr viel Feuchtigkeit gespeichert hat. Wir nutzen den Schachtelhalm bei Knochenleiden wie der Osteoporose, zur Regeneration des Bindegewebes, zur Behandlung von chronischen Entzündungen und in der Krebstherapie zur Entgiftung (ein bewährtes Firmenmittel hierzu ist Metasilicea N Tropfen von Meta Fackler).

Paracelsus verwendete spagirische Essenzen der Schwarzen Nieswurz als Lebenselixier

Weitere Pflanzen, die beiden Prinzipien unterstellt sind, wären die Mistel und die Schwarze Nieswurz. Beide Pflanzen wachsen gegen natürliche Rhythmen und haben ihren Vegetationshöhepunkt im Winter, was den Bezug zu Saturn herstellt – während die weiße, schleimige Frucht der Mistel und die weiße Blüte der Nieswurz mondhaft anmuten. Rudolf Steiner empfahl beide Pflanzen bei Krebsleiden, die eindeutig ebenfalls Mond und Saturn unterstehen (Wucherung und Entartung). Paracelsus gebrauchte sie dagegen bei psychischen Erkrankungen mit geistiger Umnachtung und bei Anfallsleiden wie der Epilepsie, was ebenfalls auf das Wirken der zwei Kräfte hindeutet. Der Wahnsinn in alter Zeit ist heute schlichtweg zum Krebsgeschehen mutiert, das man auch als Wahnsinn auf der Zellebene bezeichnen könnte. Die Blätter der Nieswurz verwendete Paracelsus auch als Geriatrikum in seinem »Rezept des langen Lebens«. Ferner findet sich in seinen Rezepten sehr häufig auch die Perle, die man dem Mond (Farbe und Herkunft), aber auch dem Saturn (Formbildungsprozess) unterstellt.

Ideale Arzneien für das Alter wären auch solche, die neben Sonnensignaturen gleichzeitig den Saturn zeigen. Beide Kräfte findet man in Harzen, z.B. Myrrhe, Weihrauch und Bernstein. Auch immergrüne Pflanzen sind beiden Kräften unterstellt. Sie sind ein Symbol für die Unvergänglichkeit der Lebenskraft; Beispiele sind Efeu, Immergrün, Mistel, Wacholder oder Zypresse; alle Nadelgehölze unterstehen Saturn und Sonne, und natürlich verwendet man alle genannten Beispiele auch als Geriatrika. Da Saturn als Planetenkraft mit Sal-Charakter über die Wurzelkraft gebietet, würden sich Wurzeln von sonnenhaften Pflanzen ebenfalls ideal eignen (Sal-Sulfur). Die meisten Beispiele hierzu findet man in Lebenselixieren: z.B. Engelwurz, Alant, Gelbwurz, Galgant, Ingwer oder Meisterwurz. Sonnenhafte Wurzeln dienen als »innere Erhalter des Körpers« (III/73) und haben durch ihre kombinierte Wirkung auf Verdauung und Abwehr auch eine besondere Wirkung auf die Milz, dem Organ des Saturns. Paracelsus schrieb: »Was ein langes Leben erhält, dient der Milz« (III/404).

Wie man sieht, sind Lebenselixiere möglichst aus allen Planetenkräften zusammengesetzt, wobei Merkur, Venus und Sonne deutlich dominieren. Zusammen bewirken sie eine Belebung und Erhaltung der Lebenskraft auf allen Ebenen. Das Elixier lässt den Körper »nicht faulen und auch nicht krank werden. Es erhält den Lebensgeist (…), das ist für das Herz und für Orte, wo das Leben ist, das ist für den Lebensgeist, der im ganzen Körper verteilt ist« (III/76).

Wie es damals Tradition war, nannte auch Paracelsus seine Elixiere Aqua vitae (Wasser des Lebens); mit ihrer stärkenden Kraft sind sie ein Jungbrunnen in der Flasche. Arzneien, die eine Erhöhung der Lebenskraft bewirken und gleichzeitig das Nervenkostüm stärken, waren früher auch als confortativa bekannt und standen bei Paracelsus im Mittelpunkt der Herztherapie: Die Vitalisierung des Sonnenorgans war für ihn die wichtigste Form der Krankenbehandlung, die man prinzipiell durchführen sollte, egal, welches Leiden den Patienten sonst noch quälte. Da das Herz sich nur schlecht von sich aus regenerieren und stärken kann, bilden Confortativa die Basis der Therapie: »Das Herz begehrt nichts anderes, nur seine Stärkung. Was für das Herz widerwärtig ist und womit es beladen wird, das soll genommen werden. Von selbst ist es zu schwach, allem, was ihm täglich zustößt, zu widerstehen. Daher soll es durch Arznei gestärkt werden « (Paracelsus I/628). Confortativa sollen also nicht nur die Lebenskraft stärken, sondern auch schützen und entgiften und eine bessere Rekonvaleszenz bewirken.

Auf der körperlichen Ebene eignen sich vor allem Bitterelixiere, wie wir sie im Kapitel über die Verdauung besprechen. Da die Lebenskraft aber in erster Linie etwas Geistartiges ist, sollten auch Lebenselixiere »ein geistiges Arzneimittel sein, da nur ein Geist, der fein ist, durch den ganzen Körper dringen kann. (…) Deshalb, weil sie den Körpersaft und Lebensgeist zum Wachsen bringen und ihn vermehren, so dass dieser die Krankheit vertreibt« (II/89). Dies ist der Grund, warum Lebenselixiere weitgehend alchimistische Zubereitungen sind.

Zur Beachtung!

Der Leser ist aufgefordert, Dosierungen und Kontraindikationen aller verwendeten Arzneistoffe, Präparate und medizinischen Behandlungsverfahren anhand etwaiger Beipackzettel und Bedienungsanleitungen eigenverantwortlich zu prüfen, um eventuelle Abweichungen festzustellen.

Die in diesem Artikel aufgeführten Rezepte und Behandlungshinweise verstehen sich ausschließlich als Lehrbeispiele und können daher auch weder den Arztbesuch noch eine individuelle Beratung durch einen Heilpraktiker bzw. Arzt ersetzen. Sie sind nicht als Ratschläge zu einer Selbstbehandlung gedacht, sondern wollen lediglich einen Einblick in Therapiemöglichkeiten geben! Die Einnahme der genannten Heilmittel wie auch die Anwendung der Rezepturen oder das Befolgen der Therapieempfehlungen geschieht stets auf eigene Verantwortung. Sollten Sie nicht die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde haben und über eine entsprechende Erfahrung verfügen, ist es empfehlenswert, sich vor jeder Anwendung kompetenten Rat bei einem Arzt oder einer Ärztin, einem Heilpraktiker oder einer Heilpraktikerin einzuholen. Es ist in jedem Fall ratsam, sich vor der Anwendung eines Heilmittels über mögliche Gegenanzeigen oder Nebenwirkungen zu informieren. Auch sollte die nur modellhaft angegebene Dosierung grundsätzlich überprüft und individuell angepasst werden. Bitte beachten Sie ebenso alle Warnhinweise und Anwendungsbeschränkungen der jeweiligen Beipackzettel.

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