Mönchspfeffer – Macht keusch wie ein Lamm – von Margret Madejsky

»Der Same getruncken … bringt auß und fördert die milch /
treibt
die Monzeit der Frawen / eins quintlins schwehr in Wein getruncken /
verstört den natürlichen Samen / beschwehrt das Haupt und bringt
einen tieffen Schlaff / wider die Gebrechen und hitzige Geschwulsten
der Beermutter setzen sich die Frauwen mit grossem nutz in das Wasser /
da dieses Baums Same und Bletter inn gesotten sindt.«

(Dioscorides, Kreutterbuch, 1610)

Namen:

Keuschbaum, Keuschlamm, Liebfrauenbettstroh, Schafmühle. Das Attribut des botanischen Namens Vitex agnus-castus setzt sich zusammen aus dem griechischen agnós (= »heilig, rein, gottgefällig«) und dem lateinischen castus (= »keusch«), weil die scharf schmeckenden Früchte einst als triebdämpfender Pfefferersatz gebraucht wurden.
Botanischer Name: Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus), Eisenkrautgewächs (Verbenaceae).

Signaturen und Astrologie:

Die fingerförmigen und lanzettlichen Blätter erlauben zusammen mit den meist blauen Blüten eine Zuordnung zu Merkur, der im Körper über die Hormondrüsen regiert. Das dumpfe, fast ein wenig betäubende Aroma der Blätter lässt bereits eine dämpfende Wirkung ahnen. Weil die scharf schmeckenden Früchte einst als Pfefferersatz gebraucht wurden, wirkt etwas Marskraft im Mönchspfeffer. Auffällig ist die streng rhythmische Anordnung der Blüten und später der Früchte, die darin ihren Einfluss auf zyklische Prozesse wie die Menstruationsblutung offenbaren. Der Standort auf feuchtem Grund zeigt noch mondhaftes Wirken an und weist zusammen mit dem rhythmischen Aufbau auf eine Beeinflussung der Mondblutung und der Fruchtbarkeit hin.

Wirkstoffe:

Die Früchte enthalten ätherisches Öl mit Sabinen, Cineol, Pinen usw. sowie Iridoidglykoside (Aucubin und Agnusid), Diterpene, Vitexilacton, Labdanverbindungen, Flavonoide, Polyphenole und Gerbstoffe sowie fettes Öl.

Heileigenschaften:

gestagenartig (stellt ein relatives Gleichgewicht zwischen Östrogenen und Gestagenen zugunsten der Gelbkörperhormone her), hemmt die Prolaktinsekretion, dämpft den Sexualtrieb beider Geschlechter, dopaminerg (bewirkt selektive Stimulation der Dopaminrezeptoren vom D2-Typ an den hypophysären, laktotropen Zellen), antibakteriell (z. B. Kokken).

Veranstaltungen Phytotherapie

Verwendung in der Frauenheilkunde:

Der Mönchspfeffer, im Volksmund auch Keuschlamm genannt, ist mindestens seit der Antike eine Symbolpflanze der Enthaltsamkeit. Die Göttergattin Hera soll unter einem Keuschbaum das Licht der Welt erblickt haben, und bei den jährlichen Festen zu Ehren der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter spielte der Mönchspfeffer ebenfalls eine Rolle. Jahrhundertelang bereiteten sich die Frauen und vor allem Priesterinnen, die ihre Keuschheit bewahren wollten, aus den aromatisch duftenden Blättern ein Lager. Agnus-castus gehört daher zu den Liebfrauenbettstrohkräutern; und weil mit der Liebfrau Maria gemeint ist, ist er auch ein Attribut der keuschen Muttergottes. Im Mittelalter gebrauchten Nonnen und Mönche die scharf schmeckenden Früchte als Pfefferersatz, was ihnen wegen der triebdämpfenden Eigenschaften des Mönchspfeffers das Zölibat erleichtern sollte. In Italien werden aus symbolischen Gründen bis heute manchmal die Wege, auf denen die Novizen ins Kloster einziehen, mit Keuschlammblüten bestreut.

Samuel Hahnemann fasste die Wirkung der Früchte in seinem »Apothekerlexikon« (1793) wie folgt zusammen: »Die hanfsamengroßen, grauschwarzen Samenbeeren haben einen gewürzartigen Geruch und einen schärflichten Geschmack, welcher noch lange nach dem Kauen ein Brennen im Halse zurücklässt. Er soll die Monatzeit erregen und wahre Samenflüsse hemmen. Von seiner Kraft, den Geschlechtstrieb zu mindern, und in der Mutterwuth, und der hysterischen Melancholie Dienste zu leisten, hat man sich ehedem viel versprochen.«

Heute gehört der Mönchspfeffer neben der Silberkerze zu den von Frauenärzten meistverordneten Heilpflanzen. Seine Hauptanwendungsgebiete sind vor allem Zyklusstörungen, prämenstruelle Beschwerden und Unfruchtbarkeit infolge von Gelbkörpermangel. Obwohl Mönchspfefferfrüchte Gegenstand vieler wissenschaftlicher Studien waren, konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden, welcher Stoff für die hormonartige Wirkung verantwortlich ist. Sicher ist nur, dass der aus den Früchten hergestellte Gesamtextrakt besser wirkt als einzelne Wirkstoffe. Den Mönchspfefferpräparaten wie etwa Agnucaston von Bionorica oder Agnolyt von Madaus kommt in jedem Fall eine gestagenartige und prolaktinsenkende Hauptwirkung zu. Dabei ersetzt Agnus castus keine körpereigenen Gelbkörperhormone, sondern reguliert vielmehr das Gleichgewicht zwischen Östrogenen und Gestagenen zugunsten der Gelbkörperhormone und greift regulierend an der Hypophyse an, wo er im Experiment Affinität zu den Dopaminrezeptoren zeigte. Daher wirken Zubereitungen aus den Früchten hormonell ausgleichend beim sogenannten prämenstruellen Syndrom (PMS), worunter typische Beschwerden in den Tagen vor der Regel zusammengefasst werden. Diese reichen von leichten Brustschwellungen oder Brustschmerzen über Kopfschmerzen, ein verschlechtertes Hautbild bis hin zu vermehrtem Appetit und Stimmungsschwankungen. Insbesondere die schmerzhaften Brustschwellungen (Mastodynie) in den Tagen vor der Regel sprechen gut und oftmals sogar spontan auf Mönchspfeffer an (z. B. Agnucaston von Bionorica). Aber auch bei vermehrter Akne oder bei Migräne vor der Regel kann man den Mönchspfeffer versuchen (z. B. ab dem Eisprung zweimal täglich 10 Globuli Agnus castus D4).

Ein weiteres Indikationsfeld sind Zyklusstörungen. Frauenärzte empfehlen den Mönchspfeffer sowohl bei ausbleibender Regelblutung als auch bei der zu häufig wiederkehrenden Regelblutung. Erfahrungsgemäß lässt sich die zu schwache oder ausgebliebene Blutung nur dann mit hoch dosierten Agnus-castus-Präparaten beeinflussen, wenn zugleich das Stresshormon Prolaktin erhöht ist. Denn der Mönchspfeffer vermag das Prolaktin nachgewiesenermaßen zu senken (vgl. Wolfstrapp). Bei Hyperprolaktinämie wie auch bei Dauerstress kann die hoch dosierte Einnahme von Agnus castus mitunter auch eine Zyklusverlängerung um 1 bis 2 Tage bewirken. Allerdings wird man bei Zyklusstörungen in den meisten Fällen erst nach einigen Einnahmewochen spürbare Effekte erzielen.

Nicht zuletzt geht auch ein unerfüllter Kinderwunsch häufig mit Gelbkörpermangel (Corpus-luteum-Insuffizienz) und/oder mit Hyperprolaktinämie einher, weshalb der Mönchspfeffer auf diesem Gebiet eine der meistverordneten Arzneipflanzen ist. Immer wieder berichten Frauen, dass sie wegen prämenstrueller Beschwerden Agnus castus verschrieben bekamen und schon innerhalb der ersten beiden Einnahmezyklen schwanger wurden. Sofern tatsächlich nur ein Gelbkörpermangel vorliegt, kann der Mönchspfeffer Abhilfe schaffen, indem man ihn entweder hoch dosiert für wenigstens 3 Monate einnimmt oder indem man die Tiefpotenzen in Mischungen integriert (s. u., Gelbkörpermischung). Weil die meisten Paare nach langjährigem Kinderwunsch eher unter sexueller Unlust leiden, sind die Tiefpotenzen (z. B. Agnus castus D2 bis D6) zu bevorzugen. Denn eine hoch dosierte Kur mit Agnus castus, wie sie von Frauenärzten häufig empfohlen wird, kann die ohnehin abgeschwächte Libido bei Kinderwunschpaaren noch zusätzlich belasten. Sofern jedoch nach 3 bis 6 Zyklen keine Schwangerschaft eingetreten ist, sollte nach
weiteren Ursachen für die ungewollte Kinderlosigkeit gesucht werden (z. B. mangelhafte Spermienqualität, Spermaantikörper, Myome, Endometriosezysten oder Eileiterundurchlässigkeit).

Schließlich sei noch erwähnt, dass kräuterkundige Hebammen den Mönchspfeffer während der Stillzeit empfehlen. Der erfahrene Geburtshelfer Erwin Schlüren rät beispielsweise bei Milchmangel dazu, wenigstens 10 Tage lang jeden Morgen nüchtern 40 Tropfen einer Agnus-castus-Tinktur einzunehmen (z. B. Agnolyt von Madaus).

Mönchspfeffer (Codex Aniciae Julianae um 500)

Rezept: Gelbkörpermischung (Apotheke)

  • Alchemilla-vulgaris-Urtinktur 20 ml
  • Calcium carbonicum Dil. D6 20 ml
  • Corpus luteum Dil. D6 20 ml
  • Pulsatilla Dil. D6 20 ml
  • Vitex agnus-castus Dil. D4 20 ml

Über eine Apotheke von Spagyra bestellen und selbst mischen oder mischen lassen. Bei prämenstruellen Beschwerden sowie bei Unfruchtbarkeit infolge von Gelbkörpermangel mindestens 3 Monate lang vom Ausklingen der Regelblutung bis zum Eisprung ein- bis zweimal täglich 10 bis 15 Tropfen, vom Eisprung bis zur nächsten Regelblutung zweimal täglich 25 bis 30 Tropfen im Mund zergehen lassen oder in etwas Wasser einnehmen.

Rezept: Mensteemischung (Kräuterladen)

Zur Vorbeugung leichter prämenstrueller Beschwerden wie etwa bei Brustschwellung, Wassereinlagerungen oder Stimmungsschwankungen vor der Regel hat sich folgende Teemischung bewährt:

  • Frauenmantelkraut 40 g
  • Johanniskraut 20 g
  • Liebstöckelwurzel 30 g
  • Melissenblätter 20 g
  • Mönchspfefferfrüchte 40 g
  • Schafgarbe 30 g
  • Wolfstrapp 20 g

Kräuter mischen, 2 Teelöffel pro Tasse à 200 ml heiß überbrühen, etwa 10 bis 12 Minuten ziehen lassen und abseihen. Ab dem Eisprung täglich 2 Tassen trinken.

Handelsprodukte:

  • Mönchspfefferfrüchte = Keuschlammfrüchte (Agni casti fructus)
  • Mönchspfefferfrüchte-Urtinktur (Agnus-castus-Urtinktur = D1; DHU, Spagyra)
  • Mönchspfefferextrakt (PreMens; Zeller)
  • Mönchspfefferextrakt (Opran; Medichemie)
  • Agnolyt-Kapseln oder -Tropfen (Madaus)
  • Agnucaston-Filmtabletten (Bionorica)
  • Femicur-Kapseln (Schaper & Brümmer)

Anwendungsbeschränkungen:

Eine Anwendung in der Schwangerschaft sollte wegen der fehlenden Erfahrungen unterbleiben. Aufgrund der dopaminergen Wirkung von Mönchspfeffer kann bei gleichzeitiger Gabe von Dopamin-Rezeptorantagonisten deren Wirkung abgeschwächt sein. Während der Einnahme von Mönchspfeffer kann es zu Hautreaktionen (z. B. Urtikaria) sowie zu Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden kommen, die jedoch nach Absetzen wieder verschwinden.

Zur Beachtung!

Der Leser ist aufgefordert, Dosierungen und Kontraindikationen aller verwendeten Arzneistoffe, Präparate und medizinischen Behandlungsverfahren anhand etwaiger Beipackzettel und Bedienungsanleitungen eigenverantwortlich zu prüfen, um eventuelle Abweichungen festzustellen.

Die in diesem Artikel aufgeführten Rezepte und Behandlungshinweise verstehen sich ausschließlich als Lehrbeispiele und können daher auch weder den Arztbesuch noch eine individuelle Beratung durch einen Heilpraktiker bzw. Arzt ersetzen. Sie sind nicht als Ratschläge zu einer Selbstbehandlung gedacht, sondern wollen lediglich einen Einblick in Therapiemöglichkeiten geben! Die Einnahme der genannten Heilmittel wie auch die Anwendung der Rezepturen oder das Befolgen der Therapieempfehlungen geschieht stets auf eigene Verantwortung. Sollten Sie nicht die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde haben und über eine entsprechende Erfahrung verfügen, ist es empfehlenswert, sich vor jeder Anwendung kompetenten Rat bei einem Arzt oder einer Ärztin, einem Heilpraktiker oder einer Heilpraktikerin einzuholen. Es ist in jedem Fall ratsam, sich vor der Anwendung eines Heilmittels über mögliche Gegenanzeigen oder Nebenwirkungen zu informieren. Auch sollte die nur modellhaft angegebene Dosierung grundsätzlich überprüft und individuell angepasst werden. Bitte beachten Sie ebenso alle Warnhinweise und Anwendungsbeschränkungen der jeweiligen Beipackzettel.

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