“Die Vergiftung des Körpers ist eine sehr gefährliche Krankheit des Menschen. Durch die Vergiftung entstehen alle anderen Krankheiten”
(Paracelsus)
Die Vergiftung, ein uraltes Problem der Heilkunst
Die Vergiftung ist seit Jahrtausenden ein Dauerbrenner in der Heilkunde. Die ersten Konzepte hierzu stammen aus der antiken Medizinphilosophie, sind also in etwa 2500 Jahre alt. Zuvor waren es Götter, Geister und Schicksalsmächte, die dem Menschen Glück oder Unglück brachten. Apollon sandte seine Giftpfeile, um den Menschen mit der Pestilenz zu strafen oder man wurde durch üble Zauberei von Krankheitsdämonen heimgesucht. In der griechischen Antike entwickelte man eine neue Vorstellung von Krankheit – die Säftelehre. Hierbei handelte es sich um den wahrscheinlich bedeutendsten Bruch in der Geschichte der abendländischen Heilkunst. Krankheitsursachen waren nicht länger metaphysische und meistens unberechenbare Mächte, sondern konkrete Vorgänge, die man sich im Inneren des Menschen vorstellte und die man sogar als Gesetzmäßigkeit darstellen konnte. Krankheit wurde zu einer scheinbar berechenbaren Größe.
Nach der Säftelehre ist der Mensch gesund, wenn sich die vier Säfte schwarze und gelbe Galle, Blut und Schleim, in einer geordneten, harmonischen Mischung befinden. Krankheit entsteht, wenn sich ein Saft über die anderen erhebt und als schuldige “giftige” Materie für eine Säfteentartung, bzw. Unordnung sorgt; diesen Zustand bezeichnet man noch heute in der Humoralmedizin (humores = Säfte) als Dyskrasie. Die Vergiftung ist also ein Zuviel von etwas. Dieses Zuviel muss durch reinigende Maßnahmen korrigiert, bzw. ausgeleitet werden, damit die Säfte wieder im Gleichgewicht sind. Wichtig ist dabei die Vorstellung, dass die schuldige Materie zwar von außen angeregt werden kann, sie sich aber prinzipiell im Inneren des Menschen befindet. Dies entspricht in etwa der heutigen Vorstellung von endogenen Toxinen. Der Volksmund bezeichnet diese Stoffe auch als Schlacken. Wer eine Entschlackungskur macht, der will den Körper von einem Übermaß an Materie reinigen, die sich scheinbar irgendwo im Körper abgesetzt hat oder im Blut kursiert, um irgendwann, irgendwo als Gift Unfrieden zu stiften.
Die Vier-Elementenlehre als Grundlage eine auf den Stoffwechsel ausgelegten Medizintheorie
Die Idee der Ablagerung krankmachender Materie geht auf Paracelsus zurück, der die Schlacken “Tartarus” nannte. So bezeichnet man die Unterwelt oder das dämonische Schattenreich, gleichzeitig ist es aber auch der Name für Weinstein, der “dem Wein ein Fass erschuf” (Goethe, Faust). Paracelsus war der Meinung, dass, ähnlich der Entstehung von Weinstein, in Körperflüssigkeiten durch bestimmte Umstände eine Materie entsteht, die sich in Körperhöhlen und Geweben ablagert, sofern sie nicht ausgeschieden werden konnte. Die hierdurch entstandenen Krankheiten bezeichnete er als tartarische Leiden; wir verstehen darunter heute vor allem die gichtisch-rheumatische Diathese, die Sklerose, sämtliche Steinbildungen, Geschwulsterkrankungen und mesenchymale Ablagerung von Toxinen (das Bindegewebe ist die körpereigene Müllhalde).
Neben diesen endogenen Toxinen kommen inzwischen noch zahlreiche exogene Toxine hinzu, z.B. Schwermetalle, Radioaktivität, Synthetika etc., die oftmals einen wahrhaft dämonischen Einfluss haben. Manches kannte man jedoch bereits in alter Zeit. So beschreibt Paracelsus in seinem Buch über die Bergsucht die Auswirkungen von Arsen und Quecksilber. Dort findet man auch zahlreiche Angaben zu therapeutischen Maßnahmen (siehe hierzu: Paracelsusmedizin, 2001). Wahrscheinlich ist diese Schrift die erste zum Thema Berufskrankheiten und Umweltgifte in der Weltliteratur. Doch wie kann ein Stoff, vor allem ein endogener, überhaupt zu einem Gift werden? Ist diese Wirkung zwingend oder muss etwas Bestimmtes geschehen, damit die Dyskrasie entstehen kann?
Der blinde und lahme Alchimist
Als Kritiker der Säftelehre entwickelte Paracelsus ein anderes Konzept von Vergiftungen, das primär auf der Annahme bestimmter Stoffwechselvorgänge beruhte und auch heute noch ausgesprochen modern anmutet. Überhaupt hat Paracelsus unsere Vorstellung vom Gift regelrecht revolutioniert. Sein vielleicht bekanntester Lehrsatz lautet: “Alle Dinge sind ein Gift und nichts ist ohne Gift, nur die Dosis bewirkt, dass ein Ding kein Gift ist”. Zu seiner Zeit war diese Idee ausgesprochen blasphemisch, denn sie setzte sich über die Dualität von Gut = Gott und Böse = Teufel hinweg. Je nach Dosis kann sich das Gute in Böses und das Böse in etwas Gutes verwandeln.
Paracelsus sah die Ursache von Krankheiten in der täglichen Nahrung und deren Umwandlung, die er gerne mit der alchimistischen Laborarbeit verglich. Nahrung war für ihn potentiell toxisch, da sie immer etwas Unvollkommenes (Materie) enthält, das von der Essenz (Geist), die wir zum Leben brauchen, abgespaltet werden muss. Paracelsus schrieb: “Doch Für das Unvollkommene (= Nahrung), das wir zu unserem Schaden gebrauchen müssen, hat er (Gott) uns einen Alchimisten gegeben, damit wir das Gift, das wir mit dem Guten einnehmen, nicht als Gift verzehren, sondern von dem Guten scheiden können. (…) Dieser ist ein so großer Künstler, dass er die beiden voneinander scheidet. Das Gift steckt er in einen Sack und das Gute gibt er dem Leib.”
Den Alchimisten als übergeordnete Instanz der Transmutation, nannte er auch “Archeus”, eine Umschreibung für den Weltenlogos, der im Körper als Lebenskraft wirkt und das Leben gesund erhält. “Das Zentralorgan der Stoffumwandlung, der Transmutation aufgenommener Substanzen, ist der Magen, der über ein universales saures Lösungsmedium verfügt. (…) Der “Archeus” scheidet die aufgenommenen Stoffe in lösliche, einverleibbare und auszuscheidende Materien. (…) Im Körper findet sodann der Verdauungsvorgang als absteigende Destillation statt (= Filtration), die im Mund beginnt und über alle Organe zu den Ausscheidungswegen führt. Dabei spielt die “Säure” eine wichtige Rolle. Die “hungrige Säure” (Acetosa Esurina) baut im Magen Tartarus ab und verhindert seine Entstehung” (Christa Habrich, 1996).
Paracelsus gilt als der Wegbereiter einer modernen Vorstellung von Stoffwechselleiden und einer Entgiftungstherapie
Solange diese Transmutation durch die Verdauungsorgane Magen, Darm, Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse funktioniert, ist die Lebenskraft stark und der Mensch gesund. Jedoch! “Da der Archeus beim Scheiden des Reinen vom Unreinen nicht immer vollkommen ist und wirkt, muss die Krankheit immer erwartet werden.” (Paracelsus). Die Unvollkommenheit des Archeus ist zum einen physiologisch, denn mit zunehmendem Alter erlahmt seine Kraft. Zum anderen kann eine schwächliche Konstitution oder eine Krankheit den Alchimisten beeinträchtigen: “Wenn der Alchimist krank ist, dass er das Gift nicht mit vollkommener Kunst vom Guten zu scheiden vermag, dann geht Giftiges und Gutes gemeinsam in Verwesung über und dann entsteht eine Digestio” (= Dyskrasie). (…) Dann folgt daher die Corruptio (Verderbnis). Das ist dann die Mutter aller Krankheiten (Paracelsus).
Der Selbstschutz des Körpers liegt in der Fähigkeit zur Ausscheidung von Stoffwechselschlacken. Als Möglichkeiten der Ausscheidung kennen wir das Schwitzen, den Ausfluss aus Nase, Ohren und Augen (Weinen entgiftet!), der vor allem das Gehirn reinigt, den Speichel (damit auch das Erbrechen), den Harn, den Stuhlgang und die Menstruation. Paracelsus schrieb: “Jedes Gift wird vom Alchimisten durch die Ausscheidungsorgane ausgetrieben, und so werden alle Ausscheidungsorgane davon erfüllt. (…) Wenn nun von diesen Giften eines daran gehindert wird, sei es infolge der Schwäche der Natur, von sich selbst, oder aus anderen Gründen, dann ist auch das eine Quelle der Krankheiten.”
Eine weitere Möglichkeit wie der Alchimist zu Schaden kommen kann, besteht in der Unterdrückung körpereigener Regulationsvorgänge durch allopathische Maßnahmen, die vor allem für Chronifizierungen von Krankheiten, Entartungen und für eine mangelnde Rekonvaleszenz verantwortlich sind. In diesem Zusammenhang sollte man auch bedenken, dass zahlreiche exogene Toxine den Archeus extrem schwächen, bzw. die Ausscheidung blockieren. Mit anderen Worten – jede Therapie, egal, um welche Krankheit es sich handelt, muss in erster Linie darin bestehen, dass man den inneren Alchimisten bei Laune hält und dass man die körpereigenen Umwandlungs- und Ausscheidungsprozesse fördert und nicht blockiert.
Die Purgation (Abführen und Erbrechen) gelten seit der Antike als Kardinalmethoden der Entgiftung
Das Abschauen von der Natur
Gelingen die Ausscheidungen nicht richtig, reagiert der Körper mit Krankheit. Es kommt zu Fieber, Entzündungen oder Allergien, zu Durchfall oder zur Verstopfung, zu vermehrter Schweißbildung oder übermäßiger Trockenheit der Haut, zu Ekzemen und Geschwürsbildung, zur Sekretvermehrung aus Nase, Ohr und Auge, bei Frauen verändert sich die Regelblutung oder es kommt zu Harnveränderungen und am Ende zu Ablagerungen in Körperflüssigkeiten und Körperhöhlen, zu Degeneration und Entartung. Auch Haarausfall ist oft zu beobachten (Haare sind Toxindepots!). Diese “pathologischen” Reaktionen dienen allerdings zum Teil der Selbstregulation, die man möglichst durch eine Ausleitung unterstützen sollte.
Als Kardinalmethoden der Entgiftung gebraucht man seit ältester Zeit vor allem die Purgation nach unten (Abführen) oder oben (Erbrechen), den Aderlass, das Schwitzen und die Haut verletzende Methoden zur Ableitung (Kautherisation). Sämtliche Verfahren sind heute noch Standard in der Naturheilpraxis. Schaut man genau hin, dann entsprechen die ausleitenden Methoden physiologischen Körperprozessen. Wenn man eine künstliche Blutung durch Emmenagoga oder Aderlass erzeugt, einen Hautausschlag durch Cantharidenpflaster oder Baunscheidtieren hervorruft, einen schweißtreibenden Tee empfiehlt oder harntreibende Mittel verschreibt, dann gleichen diese Verfahren der Selbstregulation des Körpers – man hat die Arznei der Natur abgeschaut. Das Gift wird dabei prinzipiell vom Inneren zur Peripherie getrieben. Anders formuliert, sollte eine Therapie grundsätzlich die edlen inneren Organe schützen, indem man Giftstoffe zu den unedlen Organen hin ableitet – diese sind in erster Linie Haut und Schleimhaut, also die Grenzflächen des Körpers. Nach dieser Vorstellung sind die meisten Erkrankungen von Haut und Schleimhaut der Versuch des Körpers, sich von Giftstoffen zu befreien.
Um ein Abschauen handelt es sich auch, wenn man bei der Wahl von Arzneien die Signaturen berücksichtigt. Nach dieser Lehre stehen sämtliche potentiellen Heilmittel, also Kräuter, Tiere und Mineralien, in einer geheimen Beziehung zueinander und zum Menschen. Diese Beziehung kann man sehen, schmecken, riechen oder fühlen, doch oft erfordert es eine regelrechte intuitive Schau. Diese uralte und noch heute weltweit angewandte assoziative Methode der Heilmittelerkenntnis faszinierte Paracelsus über alle Maßen. Wie kein anderer vor ihm setzte er sich vehement für diese Lehre ein. Er war der Überzeugung, dass man sämtliche Heilmittel auf diese Weise entdecken könnte. Er lernte diese Methode vor allem beim einfachen Volk. Er schrieb: “Ich habe über 80 Bauern gekannt, die die Kräuter nur wegen ihrer Form und Anatomie mit den Krankheiten verglichen haben, und sie haben vor meinen Augen damit wunderbar und gut geholfen” (Paracelsus). Viele Hinweise zur Signaturenlehre finden sich bei Paracelsus selbst. Sehr interessant sind die historischen Schriften von O. Croll, J.C. von Tours und J.B. Porta. Besonders lesenswert ist das Buch “Religion der Arznei” von E. Schlegel (Erstauflage 1915). Aktuelle Literatur gibt es ebenfalls, z.B. die Bücher von Wilhelm Pelikan oder das Buch “Paracelsusmedizin” (siehe Literatur).
Pulver und Pillen zur Entgiftung in der Madonnen-Apotheke in Bozen
Die Signaturenlehre setzt ein spirituelles Weltbild voraus sowie eine gewisse assoziative Begabung und natürlich Übung. Wer nur auf optische Ähnlichkeit achtet (das berühmte Beispiel mit der Walnuss) oder auf eine wissenschaftliche Gesetzmäßigkeit aus ist, der hat die Grundidee nicht erfasst und wird auch zu keinem sinnvollen Ergebnis kommen. Hören wir hierzu Oswald Croll: “Wir brauchen schärfere Augen, tiefere Begabung und subtilere Forschung, wenn wir vollständigere und intimere Kenntnisse von den Pflanzen erwerben wollen. (…) Auf magische Weise sprechen die Kräuter durch ihre Signatur den tief in sich schauenden Arzt an, und allein durch die Ähnlichkeit eröffnet sich ihm, in geheimnisvoller Versenkung, ihr Innerstes. Das Zeichen einer Ähnlichkeit ist nämlich die Art, wodurch der Schöpfer die göttlichen und geheimen Dinge zu offenbaren pflegt, womit er auf die höchste Ähnlichkeit der Ideen verweist (…). Die Pflanze eröffnet dem Sterblichen wie durch Zauberformeln ihre Kräfte (…), damit auch der Elendste erfährt, wie seinen Leiden Hilfe werden kann (…). Nichts ist zufällig und ohne Sinn in einer Pflanzenfamilie zusammengefügt, alles auf bestimmte Weise und aus guten Gründen in bestimmter Zahl und zweckmäßig nach Zeit und Ort. Und wie die Tauben einander ohne Sprache allein mit ihrem Körper anzeigen, was sie bewegt, so legt Gott in die Pflanze sein Geheimnis, damit die ihr innewohnenden Kräfte nicht verborgen bleiben und durch die äußeren Signaturen, also durch die Ähnlichkeit in Form und Gestalt, aus dem Anblick erschlossen, erahnt und offenbart werden können.”
Form, Farbe, Geruch, Geschmack, Konsistenz, Wachstumsort, Wachstumszeit, Gemeinschaften, Wirkeigenschaften – alles kann ein Hinweis auf eine mögliche heilende Eigenschaft sein. Bestimmte Signaturen zeigen dabei durchaus Gesetzmäßigkeiten, doch erst alles zusammen zeigt die wahre Seele einer Pflanze. Wer die Zusammenschau beherrscht, der sieht eine verwandelte Natur. Dass sich aus solchen Offenbarungen keine Gesetze ableiten lassen, versteht sich von selbst. Doch genug der Theorie! Anhand von einigen Signaturen soll gezeigt werden, wie man durch diese Methode geeignete Heilmittel zur Entgiftung finden kann.
Veranstaltungen zur Phytotherapie
Signaturen von Pflanzen zu Entgiftung
- Wachstumsort: wo Menschen Schutt abladen oder der Bauer Mist oder eine Holzlege; in der Nähe von Wohnorten (Ruderalflora) oder Straßen; widersteht Pestiziden und Insektiziden
- Farbe: Rot, Gelb
- Form: Stachelig, Dornen, Brennhaare, Klettfrüchte
- Geschmack: Scharf, Senfig, Bitter
Die besonderen Zeichen der reinigenden Kräuter
“Ubi malum, ibi remedium” – “Wo das Übel, da ist das Heilmittel.” Folgt man dieser alten Weisheit, dann dürften die Kräuter zur Entgiftung nicht in abgelegenen Bergtälern oder in Naturschutzgebieten wachsen, sondern in unserer unmittelbaren Umgebung. Und in der Tat brauchen wir uns nur vor die Haustür begeben, um die wertvollsten Arzneien zum Thema zu finden. Als Ruderalflora verzaubern sie unsere an sich so tristen Zivilisationslandschaften. Ob auf pestizidverseuchten Äckern, überdüngten Wiesen, an Mülldeponien oder entlang vielbefahrener Straßen, überall findet man Pflanzen, die man seit Generationen heilkundlich verwendet. Während wir in dieser lebensfeindlichen Umgebung die unterschiedlichsten Krankheiten entwickeln, fühlen sich die Überlebenskünstler aus der Pflanzenwelt an solchen Orten häufig ausgesprochen wohl. Dies ist schon verblüffend, denn man möchte meinen, dass die Umweltgifte zum Kümmerwuchs oder ähnlichem führen würde. Dies ist zwar bei vielen Pflanzen, vor allem Bäumen, der Fall, doch eben nicht bei allen. Was jedoch nicht nur überlebt, sondern auch noch üppig gedeiht, muss einfach eine Heilkraft in sich tragen, wenn es um die Behandlung von Krankheiten durch Umweltschäden geht. Wenn man Pflanzen selber sammelt, ist allerdings Vorsicht geboten, denn solche Wachstumsorte sind natürlich durch Umweltgifte meistens extrem belastet, die sich leider in Pflanzen häufig anreichern. Das Sammelgut sollte daher aus einer möglichst unbelasteten Umgebung stammen. Man kann sich aber auch die Frage stellen, was für eine Arznei eigentlich entstehen würde, wenn man gerade an besonders belasteten Standorten sammeln würde und wenn man diese Pflanzen potenzieren würde – hätte man nicht auf diese Weise vielleicht ein besonders wirksames Mittel gefunden? Man müsste es probieren. Doch leider sucht man z.B. herbizidangereichertes potenziertes Stiefmütterchen zur Behandlung der Neurodermitis vergebens in den Firmenlisten.
Brennnesseln folgen dem Menschen auf Schritt und Tritt – sie gelten als Ausleitungsmittel von Schlacken, z.B. bei Gicht, Rheuma und Allergien
Betrachten wir nun als erstes und vielleicht sogar wichtigstes Beispiel den Löwenzahn (Taraxacum officinale), der im Frühling unsere Wiesen in einen goldenen Teppich verwandelt. Er gedeiht besonders auf überdüngten Weideflächen, kann aber auch in jeder Mauerritze überleben. Mit seinen langen Pfahlwurzeln holt sich der Löwenzahn selbst aus völlig ausgelaugten Böden noch die notwendigen Nährstoffe und wirkt so regenerierend auf die Bodenbeschaffenheit. Als Bodenheiler verwenden wir ihn therapeutisch vor allem bei nahrungsabhängigen Krankheiten sowie bei Gemütsleiden wie Depressionen, bei denen Stoffwechsel- und Umweltgifte eine Rolle spielen. Als Bittermittel regt er den inneren Alchimisten an, besonders von Pankreas und Leber. Wir verwenden ihn bei Darmdysbiose und zur Anregung der Nierentätigkeit. Indikationen sind z.B. Status nach Antibiotika, Nahrungsmittelallergien, allergische Hautleiden wie Neurodermitis oder Urtikaria, Schwermetallintoxikationen, chronische Hepatopathien, Steinleiden und Leberdepressionen. Weitere Signaturen, die auf eine entgiftende Wirkung hindeuten sind die gelbe Farbe (Leber-Galle) und der weiße bittere Milchsaft (Lymphe). Löwenzahn ist Bestandteil zahlreicher Ableitungsmittel über Leber-Galle-Darm, aber auch von Lymphmitteln, z.B. “Lymphdiaral” Tropfen (Pascoe), zur Ableitung über die Lymphe bei Immunopathien und Krebs. Besonders Pankreasarzneien enthalten oft Löwenzahn, z.B.; “Metaharonga” Tropfen (Meta-Fackler) zur Behandlung von Pankreasstörungen durch Umwelttoxine (Rippe, 2003). Eine weitere interessante Löwenzahn-Arznei ist “Proal” spag. Tropfen (Pekana) zur Basistherapie von Nahrungsallergien.
Botanisch nah verwandt mit Löwenzahn und auch heilkundlich sehr ähnlich, ist die Wegwarte (Cichorium intybus). Schon Tabernaemontanus schrieb – “Sie thut Widerstand aller Vergiftung.” Wir verwenden sie als Bitterpflanze zur Anregung von Leber, Milz und Pankreas, dies vor allem, wenn während oder nach Infektionen Immuntoxine die Organe belasten. Eine weitere wichtige Indikation, die man in alten Bergarbeiterrezepten findet, sind Intoxikationen durch Schwermetalle, was sich vom Wachstumsort ableiten lässt. “Sie blüht sogar (…) auf den Mittelstreifen der Autobahnen. (…) Dort stinkt es nach Abgasen und der Boden ist vergiftet (…). Die Pflanze hält der Belastung jedoch stand und blüht scheinbar unverzagt weiter, während die Zivilisation um sie herum tobt und stinkt” (M. Madejsky, 2001). Verblüffend ist die Verwandlungsfähigkeit dieser Pflanze. Während sie morgens in unvergleichlicher Pracht ihre blauen Blüten zur Sonne streckt, ist sie abends ein graues hässliches Mauerblümchen. So in etwa kann man sich den Wandel von Gesundheit in Krankheit durch giftige Schwermetalle vorstellen. Die Firma Weleda liefert sogar ein Präparat von Wegwarte gedüngt mit potenziertem Blei zur Behandlung von Immunopathien und Ausleitung von Schwermetallen, “Cichorium Plumbo cultum” D2 sowie ein weiteres mit Zinn, “Cichorium Stanno cultum D2”, zur Leberentgiftung und Behandlung der Leberdepression.
Löwenzahn als Salat vertreibt die melancholischen Säfte
Zusammen mit Löwenzahn ist sie auch Bestandteil von “Hepatik” (Soluna, Solunat 8), einem bewährten Präparat zur Behandlung von Hepatopathien. Mit einer kurmäßigen Anwendung über mehrmals sieben Wochen (3 x 10 Tropfen), sind selbst “horrige” Leberwerte schon bald wieder auf Normalniveau. Es empfiehlt sich, parallel auch “Renalin” (Soluna, Solunat 16) anzuwenden (2 x tgl. 10 Tropfen), um harnpflichtige Substanzen aus dem Leber- und Milzstoffwechsel auszuleiten. Es gehört zu den Grundregeln der Entgiftung die Ausscheidungen von Leber und Niere immer gemeinsam zu fördern. Hierfür eignet sich vor allem die Goldrute (Solidago virgaurea; enthalten in “Renalin”), die den enterohepatischen Kreislauf entlastet und gleichzeitig die Nierentätigkeit anregt, ohne diese zu reizen; am besten ist es, man nimmt die erwähnten Arzneien in Goldrutentee zu sich.
Ein weiterer Bestandteil von “Hepatik” ist die Leberklette (Agrimonia eupatoria), die in der Volksmedizin ein hohes Ansehen hat, während sie die “rationale” Phytotherapie ausgesprochen stiefmütterlich behandelt, obwohl mit dem Gerbstoff Agrimoniin sogar eine krebsfeindliche Wirkung bestätigt werden konnte. Die spezifischen Gerbstoffe der Rosengewächse sind bekannt für ihre toxinbindende und entzündungswidrige Kraft. Auch der Odermennig kann es in Menschennähe aushalten, allerdings bevorzugt er die eher bäuerliche Umgebung. Neben der gelben Farbe, die wieder auf die “gelben Säfte” von Leber und Galle hindeutet, sind es vor allem die Klettfrüchte, die eine entgiftende Signatur darstellen. Es mag naiv klingen, wenn man sagt, dass die Gifte an den Kletten hängen bleiben. Die Pflanze vermittelt sich jedoch dem Körper über ihre Form, die sich als Bild in der Tinktur geistartig erhält. Dieses Geistartige regt im Körper spezifische Reaktionen an. Dies darf man natürlich nicht mit dem Wirkstoffprinzip auf eine Stufe stellen. Es handelt sich dabei um eine andere, eher metaphysische Wirkungsebene, die sich der wissenschaftlichen Beobachtung entzieht.
Die Ruderalpflanze Nelkenwurz – Geum urbanum – zeigt mit seinen Klettfrüchten und seiner aromatischen Wurzel Signaturen der Entgiftung
Eine weitere Ruderalpflanze, die mit Odermennig verwandt ist und die man praktisch überall findet, ist die Benedikten- oder Nelkenwurz (Geum urbanum). Die Pflanze hat ihren Namen wegen ihres nelkenartigen Geruchs der Wurzel bekommen. Die enthaltenen ätherischen Öle sind mit denen der Gewürznelke identisch. Weiter findet man vor allem Gerbstoffe, die eine adstringierende Wirkung haben, die man auch als Verstärkung körpereigener Schutzmechanismen verstehen kann. Wieder handelt es sich um eine Schuttpflanze mit Klettfrüchten und gelben Blüten, was auf Stoffwechsel und Leber hindeutet. Sie eignet sich zur Behandlung von Infektionen mit Helicobacter pylori, aber auch von Problemen durch Allopathika, z.B. Darmdysbiose nach Antibiotika. Weitere Indikationen sind entzündliche Leberkrankheiten, Haut- und Schleimhautentzündungen. Die entgiftende Wirkung der Nelken- bzw. Benediktenwurz kennt man in der Volksmedizin schon lange. Wie immer sagt der Name, den das Volk einer Pflanze gibt, viel über die Heilkraft. Das zähe Unkraut ist dem Mönch Benedikt geweiht, der im 4. Jh. n. Chr. lebte und das erste Kloster in Europa gründete. Er galt als besonders streng und es heißt, dass gepeinigte Glaubensbrüder ihn schließlich während des Abendmahls vergiften wollten. Doch als Benedikt die Messe zelebrierte, kroch das Gift in Schlangengestalt über den Rand des Messkelchs und Benedikt war gerettet (Storl, 2005).
Natürlich kennt die Volksmedizin noch weitere Pflanzen mit Klettfrüchten zur Entgiftung. Hierzu gehört z.B. die Klette (Arctium lappa), die gerne auf Schutthalden und am Rand von Äckern wächst. Sie wird traditionell bei Gicht und Rheuma verwendet, heute aber auch zur Ausleitung von Schwermetallen. Sie eignet sich ferner zur Entgiftung von Arzneimittelrückständen, bei Pestizidbelastungen und beispielsweise zur Behandlung von chronisch entzündlichen und allergischen Erkrankungen wie Neurodermitis.
Ein weiteres Beispiel ist das Klettenlabkraut (Galium aparine), das man gerne zusammen mit Brennnesseln (Urtica dioica) und Acker-Hohlzahn (Galeopsis segetum) vergesellschaftet findet – solche Pflanzengemeinschaften vertragen sich übrigens auch auf dem Rezept sehr gut und man sollte die Pflanzen daher zusammen verschreiben, z.B. bei allergischen Hautleiden. Die Pflanze zeigt Signaturen mit Bezug zur Lymphe, z.B. die Bildung von Ausläufern, die kleinen weißen Blüten in den quirlständigen Blattachseln und die kugelförmigen Klettfrüchte. Es ist Bestandteil von “Itires” spag. Tropfen (Pekana) zur Entgiftung über die Lymphe bei Immunopathien, allergischen Hautleiden und Krebs und von “Toex” spag. Tropfen (Pekana) zur unspezifischen Entgiftung des Bindegewebes, z.B. bei chronisch eitrigen Entzündungen im Haut- und Schleimhautbereich.
Das Benediktenkraut zeigt gleich mehrere Signaturen zur Entgiftung: Gelb-Rot, Stacheln und Bitterkeit
Es gibt übrigens noch eine weitere, dem Benedikt geweihte Pflanze zur Entgiftung, das extrem bitter schmeckende Benediktenkraut (Cnicus benedictus). Mit ihrer gelben Farbe zeigt sie wieder den Bezug zur Verdauung und man findet sie daher häufig in entsprechenden Fertigpräparaten, z.B. “Gastricol” (Dr. Klein). Mit dem Benediktenkraut kommen wir auch zu einer weiteren wichtigen Signatur, dem Geschmack.
Die Bitterkeit ist allgemein eine Signatur für Pflanzen, die auf die innere Alchimie günstig wirken. Bittere Pflanzeninhaltsstoffe bringen alle Verdauungssäfte ins Fließen, weshalb Bitterdrogen beliebte Bestandteile von Lebenselixieren sind und als Aperitif sowie als Digestif in Gebrauch sind. Sie vermehren den Speichelfluss, regen die Magensaftproduktion an, fördern die Sekretion der Bauchspeicheldrüse sowie den Gallenfluss. Daher bewirken Bitterstoffe eine raschere Verdauung und sorgen für eine bessere Nahrungsverwertung. Insbesondere steigern sie die Eisenaufnahme im Dünndarm, weshalb Bitterdrogen bei Anämie hilfreich sind. Außerdem fördern sie die Fettverdauung und lindern Völlegefühle nach dem Essen. Durch die beschleunigte Darmpassage verhindern sie auch Fäulnisprozesse im Darm und wirken blähungswidrig. Weil Bitterstoffe die Verdauung antreiben, den Darm reinigen und den Gallenfluss fördern, gelten sie in der Volksmedizin als Blutreiniger und sind häufige Bestandteile von Stoffwechseltees, insbesondere zur Anregung des Hautstoffwechsels bei Akne und anderen chronischen Hautleiden, die oftmals mit Darmträgheit vergesellschaftet sind. Sprichwörter wie “bitter macht lustig” oder Begriffe wie die “bittere Erfahrung” deuten darüber hinaus eine Heilwirkung auf die Psyche an.
Weitere viel verwendete Bitterpflanzen sind Wermut (Artemisia absinthium), Berberitze (Berberis vulgaris), Gelber Enzian (Gentiana lutea) oder Tausendgüldenkraut (Erythrea centaurium), von dem Paracelsus meinte, es wäre ein Arkanum (hochwirksames Geheimmittel) für die Leber. Beispiele für Bitterelixiere sind “Schwedentrunk” und “Infi-tract V” (beides von Infirmarius-Rovit), “Abdomilon N” (Cesra) und “Großer Schwedenbitter nach Maria Treben” (Löwen-Apotheke, München).
Bitterkräuter zur Anregung der Inneren Alchimie
Ebenfalls typisch für viele reinigende Pflanzen ist der scharfe und/oder senfige Geschmack. Beispiele unter den Liliengewächsen sind Knoblauch und Bärlauch. Sie reinigen den Körper vom “Tartarus des Blutes”, finden also z.B. bei Sklerose Anwendung. Inzwischen hat es sich allgemein herumgesprochen, dass sich die Pflanzen auch zur Mobilisation von Schwermetallen aus Geweben eignen. Weitere Beispiele findet man in der Familie der Kreuzblütler wie Senf (Sinapis alba) oder Brunnenkresse (Nasturtium officinale) und unter den Ingwergewächsen. Auch mancher Doldenblütler kann so scharf sein, dass es einem die Sprache verschlägt, z.B. der Meisterwurz (Imperatoria ostruthium). Der Meister der Wurzen ist ein vorzügliches Mittel, um den inneren Alchimisten auf Trab zu halten. Er ist Bestandteil von “Aquavit” (Soluna), einem Lebenselixier und “Stomachik I” (Soluna, Solunat 19) zur Anregung von Magen, Darm und Leber. Paracelsus nutzte die Gebirgspflanze auch zur Abwehrsteigerung und als Schutz vor Infektionen.
Zum Thema Abwehr passt auch die letzte typische Signatur von Pflanzen zur Entgiftung, die wir näher betrachten wollen – die Ausbildung von Stacheln, Dornen oder Brennhaaren. Einige bisher genannte Pflanzen zeigen auch diese Signatur, z.B. Berberitze oder Benediktenkraut. Letztere zeigt sich besonders im Blütenbereich ausgesprochen stachelig. Dies tut ihrer Schönheit allerdings keinen Abbruch, denn die sternenförmige Struktur der Blüte wirkt sehr ästhetisch. Solche harmonischen Strukturkräfte sind häufig bei Pflanzen, die ordnend auf einen entgleisten Stoffwechsel wirken. Das Stachel- und Dornenprinzip oder Brennhaare findet man oft bei antidyskratisch wirkenden Pflanzen. Sie sind energisch wirkende Arzneien, die nicht nur die Ausscheidungsprozesse verbessern, sondern auch bei Immunopathien Anwendung finden. Beispiele hierfür sind die dornige Hauhechel (Ononis spinosa) zur Ausleitung bei Gicht und Rheuma, die Brennnessel (Urtica dioica) ebenfalls zur Behandlung von Gicht und Rheuma und von Hautallergien, die Weberkarde (Dipsacus silvestris) zur Behandlung von schwächenden Infektionen, z.B. Borreliose und die Schlehe (Prunus spinosa), ein bewährtes Tonikum bei Kreislaufschwäche und Erschöpfung nach Infektionen. Gegen Gifte muss man sich wehren können. Daher sollte man beim Thema Entgiftung immer an die magischen Waffen denken, mit denen sich Pflanzen zur Wehr setzen.
Literatur
- Habrich, Christa: 1996 Paracelsus Lehre von den tartarischen Krankheiten als Konzept zur Klärung von Stoffwechselstörungen. Erschienen in Nova acta Paracelsica Bd. 10: Hrsg. Schweizerische Paracelsus – Gesellschaft.
- Madejsky, Margret: 2001 Signaturlehre – Botschaft der Zaunkräuter. Naturheilpraxis 04/01. Pflaum-Verlag.
- Madejsky, Margret: 2002 Die Signaturen der Leberheilpflanzen am Beispiel Schöllkraut. Naturheilpraxis 02/02. Pflaum-Verlag
- Rippe, Olaf: 2001 Paracelsusmedizin. AT-Verlag
- Rippe, Olaf: 2003 Der innere Alchimist. Naturheilpraxis 07/03. Pflaum-Verlag.
- Schlegel, Emil: 1987 Religion der Arznei. Sonntag-Verlag.
- Storl, Wolf-Dieter: 1996 Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor. AT-Verlag.
- Storl, Wolf-Dieter: 2005 Mit Pflanzen verbunden. Kosmos-Verlag
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